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Archiv 2004, September/Oktober

Nihil tam difficile est, quin quaerendo investigari possit


23.11.2004

Albert Einstein:
If 'A' equals success, then the formula is 'A = X + Y + Z'. 'X' is work. 'Y' is play. 'Z' is keep your mouth shut.

Die Computerwoche feiert ihr Jubiläum: 30 Jahre lang überstand sie die Wirren des IT-Alltags und aus diesem guten Grunde fügte sie der November-Ausgabe (46/04) einen Jubiläumsteil an, der sich mit den Zukunftsaussichten der Branche und damit auch Deutschlands beschäftigt. Und wie nicht anders zu erwarten war, sieht die Zukunft für unser Land nicht gut aus.

So zitiert Redakteur Gerhard Holzwart in „Keine Jahre mehr zu verschenken“ auf S. 20 Herrn Scheer, Gründer der IDS Scheer AG, mit folgenden bedeutsamen Worten: „Es gibt genug Ideen in Deutschland. Aber Innovation ist die Fähigkeit, aus einer Idee auch einen wirtschaftlichen Erfolg zu machen.“

Das stimmt. Mir fehlt diese Fähigkeit auch und zwar leider völlig.

Schlicht, weil ich weder Macht noch Geld habe. Die traurige Wahrheit ist dann nämlich, dass dir niemand zuhört, wenn du nicht bezahlst oder wenigstens Fürsprecher hast - und wenn sich jemand mit Einfluss dann doch herablässt, weiß er seinen eigenen Wert sehr, sehr wohl einzuschätzen und das fördert nicht wirklich die Überzeugung, es könnte von Bedeutung sein, was jemand sagt, der um Gehör betteln muss.

Ich weiß das, denn ich habe trotz lebhafter und eifriger Bemühungen keinen Hochkaräter dazu bringen können, mit mir zu diskutieren. Der Nobelpreisträger Gerd Binnig zeigte mir schon beim ersten Versuch die kalte Schulter, weil ich einfach den falschen Terminus Technicus verwendete und er keine Zeit hatte, sich um das Geschwätz eines Möchtegerns zu kümmern, später fand ich noch 2 (in Buchstaben zwei) Professoren in Deutschlands Massenuniversitätsbetrieb von Informatik und Physik, die nicht gelangweilt oder erbost (oder gar nicht) reagierten, doch der eine meldete sich nach seinem Urlaub nicht wieder zurück, und der andere kam nicht mit den philosophischen Folgerungen eines aktiven Informationsbegriffs zurecht, sodass er geistig abblockte und meine Ideen als untauglich verwarf.

Das nämlich ist ein weiteres Problem, das so gut wie nie jemand erwähnt, wenn er über Deutschland jammert: IKI.

Infinity kills Information – oder zuviel ist ungesund.

Vielleicht haben wir ja auch zu viel Ideen – und keiner muss mehr zuhören.

Wie ach so richtig von Hans-Jörg Bullinger, Präsident der Fraunhofer-Gesellschaft, gesagt wurde: „Wir sind satt und bequem geworden.“

Und deshalb beschränken wir uns auf unsere eigenen heiligen Kreise. Die Chance, dass Außenseiter etwas Vernünftiges zu sagen haben, ist schließlich – tatsächlich – verschwindend gering. Außerdem neigen Außenseiter kaum zu Einsteins oben zitiertem Rezept, sich den Weg nach oben zu erbuckeln durch Karriere fördernde Maßnahmen, sie tendieren viel eher dazu, nervtötend auf ihrem unwesentlichen kleinen Thema herumzureiten.

Und der eine einzige Einstein wiegt die Bürden des Gelaberes der Massen von Idioten wohl kaum auf, wie?

Gut, dass Max Planck damals anders dachte. Und gut, dass Einstein damals noch nicht den Mund gehalten hat.

Auch wenn ich kein Einstein bin, so sind meine Ideen doch gut genug, mich Dinge seit 1999 entwickeln zu lassen, von denen die Computerwoche erst seit 2004 spricht. Wäre es da nicht einige Minuten – unvoreingenommene, nicht selbstgefällige – Zeit wert, sich Gedanken über ein Konzept zu machen, das in der Luft liegt?

Oder müssen wir erst warten, bis die Inder, die sich wohl in der globalen Arbeitsteilung für Information positionieren konnten, auf meine Ideen kommen?

Denn darauf kommen wird jemand und es dann zu einer Industrialisierung der IT verwenden, wie es heute nicht möglich erscheint – warum dann nicht wir Deutschen?

14:10 Dixi: there is an end of the matter; everything that could be said has been said – for today

27.10.2004

Alte Weisheit:
Stärke folgt dem Maximum
Intelligenz dem Optimum

oder – warum Einstein wohl ohne das Patentamt ein Niemand wäre.

Das letzte Patentpapier, mit dem ich mich herumschlug, drehte sich um ein sehr aktuelles Thema: Innovation.

Denn leider ist unsere Kultur genauso innovationsfeindlich, wie sie leistungsverachtend ist. Ganz wie in Amerika, wo Präsident nur „white male multimillionaires“ werden können, während Leute wie Martin Luther King mit Staatshilfe eliminiert werden (wie sich erst vor wenigen Jahren herausstellte), wird auch in unseren Landen Karriere aufgrund von Eigenschaften gemacht, die nicht wirklich mit Leistung zu tun haben: Herkunft, Geschlecht, Hautfarbe, Selbstdarstellung…

und wie unsere Firmen funktionieren – die Spar-Aktionen von Opel, Karstadt und DaimlerChrysler sind schließlich nur die Spitze des Eisbergs – kennen wir doch auch längst aus dem Bananenhaufen-Experiment: Das heißt, wir müssen nur die Vektoren der größten Gewinnvorfreude finden, dann werden wir schon wissen, wie Menschen sich verhalten.

Nichts mit „Optimierung unter Berücksichtigung von Nebenbedingungen“ wie Zukunftsorientierung oder Menschenwürde, das ist viel zu kompliziert – und zu teuer.

Zwei „treibende“ Kräfte unserer globalisierten Kultur spricht denn auch der Erfinder Torsten Thomas Kurr, Diplom-Ingenieur aus Aachen, in folgender Patentanmeldung kühl und sachlich an: die innovationserstickende Wirkung des RoI und die überwältigende Verführungskraft von Kaufoptionen, mit denen amerikanische Banken in einem Maße jonglieren, dass die daraus resultierenden Verpflichtungen vielhundertfach über ihren tatsächlichen Möglichkeiten liegen. (War da nicht vor einigen Jahren dieser Aufsehen erregende Crash einer alten englischen Bank?)

Patentanmeldung DE 10307544 A1 (->DE/Einsteigerrecherche), Veröffentlichung 2004, „Verfahren und Vorrichtung zur Bewertung von Technologien“ betrifft Methoden zur Bewertung von innovativen Technologien:

„[0295]… Finanzielle Analyse und technologische Innovation scheinen dabei des öfteren im direkten Widerspruch zueinander zu stehen. Die finanzielle Bewertung bevorzugt Projekte, die in möglichst kurzer Zeit einen positiven ROI (Return on Investment) erreichen, während neue Produktkonzepte und technologische Neuerungen in der Regel mit längeren „Inkubationszeiten“ aufwarten. Historisch gesehen basieren jedoch fast alle technologischen Neuerungen auf Ideen, die bereits einige Zeit zuvor geboren wurden. Es stellt sich daher die Frage, ob solche Projekte überlebt hätten, wären sie mit einer DCF-Analyse [Discounted Cash Flow] „behandelt“ worden? (S. 36)“

Ungewöhnliche Töne in Zeiten, wo jegliche Forschungsarbeit, ja sogar jeglicher Versuch, einen guten Job zu leisten, mit der Killerphrase „Betriebswirtschaftlichkeit“ zerschlagen wird, nicht wahr?

Was sich nicht im nächsten Quartal rentiert, wird vergessen. Na ja gut, die deutsche, „gemilderte“ Abart ist: „Was sich nicht im nächsten Bilanzjahr rentiert, wird vergessen“.

Was aber lässt sich in einem Jahr produzieren, wenn es nicht längst schon fast fertig ist?

Wo bleiben dann die wirklich neuen Dinge? Wo bleibt dann die Zeit, sich einfach zu fragen: „Was tust du denn eigentlich hier? Lässt sich das nicht viel eleganter erledigen?“

Kein Wunder, dass Open Source so wichtig wurde in der IT, denn sind wir ehrlich: Was die IT in den letzten Jahren programmiertechnisch rasch vorantrieb, war nicht die Killerpower Microsoft® oder die anderen Dinosaurier des Fortschritts: Die zerschlugen weitaus eher Innovation als sie sie duldeten, was die IT dagegen vorantrieb, war das Web. Nicht weil dort die Leute klüger sind als die bezahlten Angestellten, nein, weil sie auf einem so ungezwungenen, freilich auch wenig lukrativen Parkett eher Sachzwängen folgen dürfen als den Vektoren größter Gewinnvorfreude – und wahrscheinlich auch, weil die schlichte „Masse der Arbeiter“ dort ihre Leistung aufgrund ihres Talents erbringen durfte und ihnen nicht aufgrund der Stellung in der Firma das Denken als „unwirtschaftlich“ verboten wurde.

Erinnert sich jemand, wo und wann Einstein seine berühmtesten Einfälle hatte? War es als Führungskraft einer Firma, war es als Professor an der Universität?

Nein, es war im Patentamt…

die Stelle in einer Nation, an die sich all die Erfinder und Möchtegern-Erfinder wenden, um ihre tollen Ideen zu präsentieren…

gibt es einen Ort, an dem mehr gedankliche Extreme aufeinander treffen? Hier werden die größten technischen Entdeckungen abgeliefert und sicher auch der absurdeste naturwissenschaftliche Käse. Einstein erhielt die Möglichkeit, in Gedankengebäude Einsicht zu nehmen, die kein Firmenboss, kein Universitätsprofessor jemals sah. Und dabei ist nicht wirklich wichtig, wie viel Schwachsinn darunter war, die einfache Tatsache der riesenhaften Bandbreite an „Vorschlägen“ lag ihm zur Bewertung offen und bei manchen muss es ihm einfach durch den Kopf geschossen sein: „Gute Idee“ oder „So kann’s nicht gehen“. Und weil dann sofort die Frage auftaucht „Warum“, war der Anfang schon gemacht:

der Anfang für das, was viele als „naturwissenschaftliche Revolution“ sehen, die nicht zuletzt auch unsere Kultur und damit Gesellschaft prägte.

Laotse:
Dinge wahrzunehmen ist der Keim der Intelligenz.

Was wäre, wenn? Wenn Einstein als Lehrer gearbeitet hätte und nicht ins Patentamt gegangen wäre? Hätte er wirklich genügend Fäden in seinem Berufsleben aufgreifen können, um sein Puzzle zu vervollständigen?

Was wäre, wenn er heutzutage leben würde, unter dem Zwang von RoI und „Effizienz“ und „Effektivität“? Was kommt denn heraus bei der Relativitätstheorie, wie hilfreich ist die Masse-Energie-Gleichung bei der täglichen Arbeit? Wie weit hätten Investoren voraus denken müssen, um Einstein zu unterstützen?

Wieder ein Hinweis darauf, dass unsere Kultur ihre intellektuellen Muster in der Vorhominiden-Zeit findet, denn seit der Erfindung des Feuers vor über einer Million Jahren dachten die Menschen wenigstens ein Quartal voraus, der Winter zwang sie dazu, und als sie vor dreißigtausend Jahren die ersten Mondkalender schufen, hatten sie bereits den Baustein dafür gelegt, ein ganzes Jahr vorhersehenstechnisch zu bewältigen.

Und wir? „Die finanzielle Bewertung bevorzugt Projekte, die in möglichst kurzer Zeit einen positiven ROI erreichen“

Wie dann die amerikanische Industrie es überhaupt geschafft hat, in den letzten Jahren noch richtige Innovation zu dulden und nicht einfach nur Verbesserungen auf dem kostensparenden „Stand der Technik“ durchzuführen?

Über die Vektoren der größten Gewinnvorfreude, selbstverständlich – nach dem Motto: „Lass andere die Kastanien aus dem Feuer holen“.

Patentanmeldung DE 10307544 A1 weiter:

„[0318] Alles Übrige als gleich vorausgesetzt, erhöht damit der Anstieg des Gesamtrisikos den Wert der Option…

[0319]… 1. Die Option hat einen Wert größer Null, der den unmittelbaren Ausübungswert (S-K für S>K) übertrifft, solange eine Unsicherheit darüber besteht, was der Preis des zugrundeliegenden (Vermögens)Wertes (assets) bei Ablauf der Laufzeit sein wird (V>0). Dies gilt auch dann, wenn der zugrundeliegende (Vermögens)Wert derzeit weniger Wert ist, als der Ausübungspreis der Option. Sie hat auch dann noch einen positiven Wert, da es bis zum Erlöschen der Option vermeintlich weitere Möglichkeiten gibt, diese mit Gewinn auszuüben. Der schlechteste Fall ist darauf begrenzt, keinen Gewinn zu machen (mit der einzigen Ausnahme, dass die Option ebenfalls wertlos wird, sollte der zugrundeliegende Vermögenswert wertlos werden). (S. 39)

2. Mit der Volatilität steigt der Wert der Option (rechter Teil von Bild 6.45). Wiederum liegt diese Tatsache in der asymmetrischen Natur der Option begründet. Mit höherer Volatilität nimmt die Möglichkeit überdurchschnittlicher Erträge zu, während die Kehrseite weiterhin darauf beschränkt bleibt, keine Gewinne zu machen. (S. 39, 40)”

Im Klartext heißt dies, dass unsere ganze High-Tech-Kultur von Spielernaturen lebt – denn was ist eine Option anderes als eine Wette?

Innovationen, besonders in der „besonders innovativen“ IT, müssen von Außenseitern erfunden werden, weil die reichen Firmen „Geiz geil“ finden. Innovationen brauchen schließlich Geld und zwar nicht nur für ihre Kreation, das ist nur der Anfang. Du kannst die tollste Formel auf deinem Rechner haben, „ohne Moos nix los“ – um deine Ideen in erfolgreiche Produkte umzusetzen, musst du sie auf dem Markt „ausprobieren“ können, du musst die Werbetrommel rühren, damit die Leute überhaupt wissen, dass es dich gibt, du musst ihnen etwas zum Spielen geben, damit sie feststellen, wozu sie es überhaupt brauchen können. Das alles kostet Geld: Gutes Marketing ist teuer und das Spielzeug muss auch erst einmal hergestellt werden.

Optionen sind hier göttlich.

Die großen, reichen Firmen, die zu wenig Geld haben, um ihren eigenen Leuten – wenn’s nicht gerade Nobelpreisträger sind - die nötige „Spielwiese“ des Laotse zu gönnen, um durch Muße und Gelegenheit ihren Gehirnen die Möglichkeit zu geben, neue Varianten der bekannten Abbildungen in ihrer Fantasie durchzuspielen, beteiligen sich für eine geringe Wettgebühr an den Chancen neuer Ideen.

Verlieren? Können sie nicht wirklich viel.

Gewinnen? Können sie alles.

„Unsymmetrische Natur der Option“ nennt dies Herr Kurr.

Die Frage bleibt freilich offen, wie lange eine Kultur aus globalen Großkonzernen, die sich letztlich zu Tode spart, weil sie ihre eigenen Käufer aushungert – wohl im Vertrauen darauf, dass die Märkte in den Milliardenvölkern Indien und China schon irgendwann genügend Geld aufbringen für ihre Luxusgüter – genügend „Freiraum“ für Ideen bietet?

Was das heißt?

Das heißt, dass Studenten und Freizeitprogrammierer die Open Source vorantreiben – was aber, wenn die Eltern der Studenten oder die Freizeitprogrammierer arbeitslos werden?

Wie lange kann der Strom von unbezahlter Intelligenz dann noch fließen?

Zumal unsere Grundüberzeugungen sich erschreckend schnell weg von den humanistisch-naturwissenschaftlichen Grundregeln der Renaissance entfernen.

Und das tun sie…

nicht nur in der Informatik, die glaubt, über der Physik zu stehen.

Was viel schwerer wiegt und schmerzlicher, ist die gerade in jüngster Zeit sich offenbarende Selbstüberschätzung unserer Führungsriegen, allen voran die „First Nation“.

Ron Suskind, NYT:“The aide said that guys like me were ''in what we call the reality-based community,'' which he defined as people who ''believe that solutions emerge from your judicious study of discernible reality.'' I nodded and murmured something about enlightenment principles and empiricism. He cut me off. ''That's not the way the world really works anymore,'' he continued. ''We're an empire now, and when we act, we create our own reality. And while you're studying that reality -- judiciously, as you will -- we'll act again, creating other new realities, which you can study too, and that's how things will sort out. We're history's actors . . . and you, all of you, will be left to just study what we do.'' (Quelle 27.10.2004)

Soweit kommt es, wenn man die Realität mit der Abbildung verwechselt.

11:26 Dixi: there is an end of the matter; everything that could be said has been said – for today

17.10.2004

Longum iter est per praecepta, breve et efficax per exempla
Lang ist der Weg durch Lehren, kurz und wirkungsvoll durch Beispiele

Ich bin im Moment nicht besonders fleißig beim Schreiben – das hat seinen Grund. Denn obwohl ich energisch gegen eine restriktive Patentpolitik bin, weil ich sie für absolut fortschrittsfeindlich halte (Freiheit für das Wissen! sonst kann es nicht wachsen), arbeite ich gerade an einer Patentanmeldung.

Warum?

Weil mich folgender Satz auf der Website des Patentamtes verführt hat:

„Eine programmbezogene Erfindung hat technischen Charakter, wenn zur Lösung der Aufgabe, die der Erfindung zugrunde liegt, von Naturkräften, technischen Maßnahmen oder Mitteln (z.B. von hydraulischen Kräften, elektrischen Strömen in Schaltelementen und Regeleinrichtungen oder von Signalen in DV-Anlagen) unmittelbar Gebrauch gemacht wird.“

„Unmittelbar von Naturkräften Gebrauch“ macht nämlich jede Informationsverarbeitung.

Weil Information nichts mehr als Wirkung ist – sie ist weniger Regelmäßigkeit, weniger Stabilität als vor allem Anderen „Veränderung“.

Und Veränderung ohne physikalische Wirkung gibt es nun mal nicht.

Dass die Informatiktheorie das bisher noch nicht verstand, ändert nichts an der Tatsache: Glaube versetzt keine Berge, nur die Gläubigen tun das. Die Erde war nicht flach, als die Germanen Angst hatten, über das Ende des Meeres zu fallen und die Sterne drehten sich nicht um die Erde, weil Aristoteles so schöne Sphärenmusik erfand.

Dass Informatiker die Wirkung immer aus der Information eliminieren, weil es angeblich „nur Bestandteil der Informationsverarbeitung“ sei (und wohl ein höchst unwichtiger noch dazu), macht ihre Best Practices nicht weniger wertvoll.

Nur eben weniger erklärbar, herleitbar und deshalb auch prognostizierbar.

Und damit eben – menschengebundener, zufallsabhängiger.

Gerade beim Durchforsten der Patente, das ich durchführen muss, um nachzuweisen, wie modern und unbekannt meine Erfindung ist, fiel mir die Ähnlichkeit in so vielen Patenten auf, die mit Modellierungen zu tun haben. Sie sehen sich alle – bis auf die Details der „Implementierung“ – so ähnlich, dass ich mich wiederum frage:

Was für einen Sinn machen Patente, wenn dieselben Verfahren hundertmal unter verschiedenen Nummern zu finden sind?

Nur den, den Kodak® gerade vorführte? Die Verbesserung von Java durch Sun mit absolut „normalen“ Ideen wie der Fliege durch Patentzahlungen zu bestrafen?

Denn diese Idee der Zentralisierung von Aufgaben ist doch schon alt: Objektorientierung nennt es Verkapselung von Details, Design-Pattern Facade nennt es Verkapselung von Packages, das Datenobjekt eines Patentes nennt es Verkapselung von Datenformaten, das Komponentenobjekt eines anderen Patents nennt es Verkapselung von Objekten…

ob eine Modellierung sich um einen inkrementellen Compiler dreht oder um die Zusammenarbeit von Maschinen in einer Fabrikanlage, von Hochöfen in einem hüttentechnischen Werk oder von Komponenten in einem Software-System, die über einen Laufzeitgenerator zu einem „fertigen Programm“ zusammengestöpselt werden, ist hinsichtlich der Strategie der Informationsverarbeitung tatsächlich uninteressant.

Es handelt sich in jedem dieser Fälle um „aktive Informationsverarbeitung“, die mit Virtualisierung arbeitet – sprich mit Metadaten und Regelkreisen, die diese Metadaten verwerten können.

13:18 Dixi: there is an end of the matter; everything that could be said has been said – for today

07.10.2004

Monty Python’s Flying Circus:
now for something completely different

Ein wunderschönes Zitat fand ich in der letzten Computerwoche in ihrem Artikel „Security: Für Berater ein schwieriger Markt" (CW 40/2004, S. 43): Der Autor Rainer v. zur Mühlen, Geschäftsführer der gleichnamigen Beratungsgesellschaft, Bonn, stellt hier sehr treffend fest:

„IT ist vergleichbar mit Hirn- und Nervenstrang. Beides sind Kernfunktionen des Organismus. Man kann sich nicht davon trennen, ohne Schaden zu nehmen.

Und fügt dann noch trocken hinzu:

„Um das zu erkennen, darf man sein Gehirn nicht schon an Berater outgesourct haben."

Wie wahr!

18:19 Dixi: there is an end of the matter; everything that could be said has been said – for today

27.09.2004

Albert Einstein:
Zwei Dinge sind unendlich:
Das Universum und die menschliche Dummeheit,
aber beim Universum bin ich mir noch nicht ganz sicher.

Schon gehört?

„Softwarequalität wird immer schlechter“ und „Kündigungen hinterlassen verbrannte Erde" – welch ein Wunder!

„Softwarequalität wird immer schlechter“ (CW 39/2004, S. 1, Kürzel as):

ist nichts weiter als die Folge „kostenbeschränktes Denken“ – dieses oberste Prinzip jeglicher Software-Erstellung kannte ich früher schon, doch zu meinen Zeiten war es immer noch mit dem „höheren“ Ziel Kundenzufriedenheit, sprich Qualität des Produkts verknüpft. Gerade in meinem letzten Ausflug in die Handwerkermentalität des kleinen ERP-Software-Hauses (31.08.2004) wurde mir diese Maxime freilich in Reinformat, praktisch als Religion, verkündet. Dies hatte zur Folge, dass die Software nicht nur blamabel fehlerhaft war, sondern eben auch völlig unprofessionell erstellt wurde – dafür aber „betriebswirtschaftlich“ optimiert. Der Handwerksmeister war ja auch „Technischer Betriebswirt“ und kein reiner Informatiker, nur schien er leider bei den entsprechenden Vorlesungen geschwänzt zu haben.

Und seine Auswahl an Mitarbeitern half ihm auch nicht zu mehr Professionalität. Oberste Eigenschaft war immer unkritischer Gehorsam gegenüber seinen Weisungen, oberste Prämisse die unbedingte Befolgung jenes Prinzips „kostenbeschränktes Denken“, das sie nur nach ausdrücklicher Aufforderung durch den Meister außer Kraft setzen durften.

Das hatte die schlichte Folge, dass sie keine außerplanmäßigen Lösungen wussten, wenn „einfache Leute“ sie fragten. Wenn der Meister sie indessen mit herablassendem Ton deswegen tadelte – mit dem prächtigen, unvergesslichen Satz „glaubst du, das würde die BASF so akzeptieren“ (als würde die BASF® seine gesamte Software nur mit der Beißzange anfassen) – dann plötzlich…

fiel ihnen tatsächlich doch eine Lösung ein. „Freies Denken“ hätte diese ganze Demütigung der Mitarbeiter, diesen ganzen verlorenen Zeitaufwand der Recherche von Fragern und Gefragten erspart, aber nein! „Kostenbeschränktes Denken“ heißt eben, bloß keine Energien investieren, die nicht direkt vom Kunden bezahlt werden.

Und das heißt: husch, husch, husch. „Man hat ja soviel zu tun“.

Dass gerade diese Inkompetenz, gerade diese so „betriebswirtschaftliche“ Orientierung durch ihre Ineffizienz Zeit, Energie und Motivation frisst wie ein schwarzes Loch, begreifen Handwerker wohl einfach nicht.

Und weil die Handwerker immer mehr das Sagen haben, weil Qualität und effizienter Code nichts weiter mehr sind als „in Schönheit sterben“…

wird wohl nur Open Source noch halbwegs vernünftige Qualität abliefern.

Deshalb denke ich auch, dass der Ratschlag der Analysten weltfremd ist. Nicht Zertifizierungen oder Testwerkzeuge werden die Qualität verbessern.

Nein, die Kunden müssen es tun. Sie müssen schlicht und einfach aufhören, für Schund gutes Geld zu bezahlen und umgekehrt, an Arbeiten wie Konzepten und Dokumentationen nicht wie die Idioten zu sparen, sondern eben auch mal bereit sein, guten Leuten Geld für gute Arbeit zu geben.

Und nicht nur den Schönrednern für ihre „Bill-Gates-Politik“: Gute Software ist die, die sich gut verkauft mit ihrer typischen Ausrede „alle Software hat Fehler“.

„ Myth 3 - ‘Software has to have flaws’

Wheatman said this is true if enterprises keep buying flawed software. Gartner estimates that even if only 50 percent of software vulnerabilities were removed prior to the software being put into production, enterprise configuration management and incident response costs would be reduced by 75 percent each.” (Quelle 22.09.2004)

Denn, ihr sparsamen Kunden – Qualität spart Geld, wenn alle Kosten berücksichtigt werden…

und nicht nur die, die euch der Vertriebler vorrechnet. Freies Denken ist auch für Kunden angebracht!

Nun ja…

wie Einstein schon sagte – Herr, lass Hirn regnen.

Denn genauso einfach für den gesunden Menschenverstand ist auch der zweite Artikel zu verstehen, wenn…

ja, wenn der gesunde Menschenverstand überhaupt in Anspruch genommen wird.

„Kündigungen hinterlassen verbrannte Erde" – welch ein Wunder! Als ob eine Firma nicht nur aus Menschen bestehen würden, die sich immer und zuallererst Gedanken um sich selbst machen…

machen müssen! Denn wer tut es denn sonst? Gerade in unserer Zeit, wo der Wohlstandsstaat als „überaltertes“ Relikt von den Reichen und Mächtigen abgeschafft wird, weil es „zu teuer“ ist, sich um andere Gedanken zu machen?

Und das in unserer Welt, die wie nie zuvor globalisiert ist – gerade hinsichtlich des berühmten Schrittes direkt vor dem Abgrund?

Sind wir denn alle noch zu retten?

Und, so leid es mir tut und so sehr ich, rein prinzipiell, dem Mittelstand aufgrund der generellen Struktur von Informationsverarbeitungen in veränderlichen, sprich „unsicheren“ Zeiten mehr zutraue als den Unternehmens-Dinosauriern, so hat mich doch meine jüngste Erfahrung mit dem Handwerksmeister aus dem kleinbürgerlichen Mittelstand gelehrt, dass Einstein völlig recht hatte.

Denn bei meinen informationstheoretischen Betrachtungen über Konzerne und Mittelstand hätte ich wohl genauer spezifizieren müssen, was den Mittelstand befähigt, besser als Konzerne zu sein…

Qualität…

dafür aber muss die mittelständische Firma das auch als Ziel haben, anstreben…

wenn sie freilich nur dem Handwerksmeister (ob Software-Betriebswirtschaftler oder Marketing-Programmierer) ermöglichen soll, einen schicken Mercedes zu fahren und sich selbst als den „ungekrönten König“ seiner dankbaren Mitarbeiter zu präsentieren, - das typische Alphaspiel eben, das leider viel zu oft die Interessen des einzelnen Organs über das Interesse des Gesamtsystems stellt (ja, auch der Chef ist informationstheoretisch nur ein arbeitsteiliges Element eines Systems, nicht mehr und nicht weniger) -…

dann sind sie auch nicht besser als die Konzerne, denn die leiden primär auch nur unter den Bossen, die ihre Interessen über diejenigen der Firma stellen, weil sie es eben können und weil wir keinerlei moralische Instanz mehr kennen, die das für schlichtes Versagen am Job hält, weil ganz im Gegenteil jede Kritik an einer überhöhten Bezahlung als „Neid“ bezeichnet wird (weil dort in der dünnen Höhenluft „natürlich“ die Betriebswirtschaft von Kosten und Ertrag bedeutungslos wird)…

dann wäre ein bisschen mehr ML-Methode in der Organisationsplanung sicher von Vorteil.

Doch wie die Computerwoche in ihrem Artikel „Kündigungen hinterlassen verbrannte Erde" (CW 38/2004, S. 44) beschreibt, gibt es glücklicherweise noch diesen Mittelstand mit dem Ziel, Qualität abzuliefern – um ganz pragmatisch die Kunden auf Dauer zufrieden zustellen, nicht einfach aus hehren Idealen heraus – und dieser Mittelstand hat wohl erkannt, dass es dem „Organismus“ Firma nicht gut tut, wenn einfach blindwütig amputiert wird.

Früher oder später kann ein solcher Organismus nämlich weder laufen noch greifen, denn unendlich viele Arme und Beine hat ein Körper nun mal nicht.

Und das ist gar kein übles Beispiel, nicht wahr? Nicht nur aus informationstheoretischen Gründen heraus, die dafür sprechen, dass Informationsverarbeitungen und Leben tatsächlich identisch sind und dass damit Maschinen und kulturelle Organismen immer irgendein Pendant in der Biologie finden können…

nein, einfach auch aus der täglichen Erfahrung heraus, die gerade die Mitarbeiter kleinerer Betriebe wissen lässt, wie wichtig einzelne Personen für das Funktionieren des gesamten Systems sind.

Genau das ist dann auch der Grund dafür, dass Mittelständer anfangen, weniger gießkannenmäßig zu entlassen und mehr nach dem „Zusammenrücken“-Muster vorgehen (und nicht nur die „Kleinen“!). Denn wie sagte ein ungenannter IG-Metall-Mann so treffend:

Wenn neue Aufträge eingehen, und nicht abgearbeitet werden können, verlieren Unternehmen den Anschluss an die Zukunft

Vorstand Meinhard Knoche vom Ifo-Institut München stellt denn auch klipp und klar fest, dass nur innovatives Verhalten in Krisensituationen zusammen mit der Bereitschaft zur Flexibilität (aktive Informationsverarbeitung) die Chancen verbessern, die Krise unbeschadet zu überstehen. Dagegen würden defensive Strategien– Beharren auf alten, eingefahrenen Mustern = passive Informationsverarbeitung - die Probleme nur vergrößern.

Recht hat er.

15:38 Dixi: there is an end of the matter; everything that could be said has been said – for today

15.09.2004

Bertrands Paradox:
Jede noch so unwesentliche Information über ein System verbessert die Prognose über (zukünftige) Zustände des Systems (sein Verhalten) – messbar.

Outsourcen ist immer ein Problem, ein System geschickt in Subsysteme zu zerlegen, es ist immer ein Problem der Informationsverarbeitung (ML-Methode) – und muss deshalb auch immer Bertrands Paradox beachten: bloß keine Information verlieren!

Sehr klar wird dies in dem Artikel "Sind PCs zu unwichtig für den Eigenbetrieb?" der Computerwoche (CW 37/04, S. 26): Dort wird der Rat gegeben, den Helpdesk im Haus zu behalten, weil dann die Anliegen und Probleme der Kunden direkt festgestellt werden, woraus Schulungsbedarf erkennbar wird und sich die Kundenzufriedenheit messen lässt. Außerdem seien die eigenen Mitarbeiter wohl eher daran interessiert, den reibungslosen Ablauf des Geschäftsbetriebs aufrecht zu erhalten, während Externe ihre Pflichten in der Erfüllung der Service-Levels sehen.

Oder im Klartext: der Kontakt zu den Hilfesuchenden ist am engsten, wenn du selbst den Hörer abnimmst, also kriegst du am meisten mit, wenn du es selbst tust – und niemand ist so an dir interessiert, wie du selbst, weshalb du jemandem, den du dafür schlecht bezahlst, kaum verdenken kannst, dass er mehr oder weniger „Dienst nach Vorschrift“ tut.

Das sind zwei typische Elemente einer jeden Informationsverarbeitung: das Ziel und das Bestreben, soviel als möglich Information zu verwerten.

Tja, wenn du eben weißt, was Information ist.

14:04 Dixi: there is an end of the matter; everything that could be said has been said – for today

03.09.2004

Physik ist kein Gott, der sich mit Unterwerfungsgesten manipulieren lässt – nicht mal mit Bestechungsgeldern. Die Natur mag großzügig sein, doch vergesslich ist sie nicht.

Stimmt wohl.

Gerade schrieb ich in den Hindernissen, dass ich zwar Physik verehre, nicht jedoch kritiklos die Physiker – und das tue ich seit meinem Studium…

nicht erst seit Jan Hendrik Schön.

Der in „Nature“, „Science“ und „Spektrum“ publizieren durfte – so ganz anders als ich…

na ja, hier spricht wohl nur der Neid…

freilich auch die Schadenfreude.

Denn Physiker mögen bestechlich sein – die Physik ist es nicht. Und früher oder später finden sich eben auch immer wieder Physiker, die unbestechlich genug sind, ihre Gesetze zu befolgen:

Nachprüfbarkeit aka Wiederholbarkeit und Identifizierbarkeit.

Was nicht nachprüfbar ist, taugt nichts – und wenn es tausendmal in „Nature“ steht.

Physik ist schließlich keine „Schriftgelehrtenwissenschaft“.

17:28 Dixi: there is an end of the matter; everything that could be said has been said – for today


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