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Archiv 2005, Januar/Februar

Nihil tam difficile est, quin quaerendo investigari possit


27.02.2005

George Bernard Shaw (1886-1950):
Was wir brauchen, sind ein paar verrückte Leute; seht euch an, wohin uns die Normalen gebracht haben

Nachdem Bush, der Mann, der es fertig bringt, sein Land auszunehmen wie eine Weihnachtsgans, der Steuern senkt, damit die Reichen weniger zahlen müssen und danach in düsteren Prophezeiungen verkündet, wie doch das soziale Netz so teuer für den Staatshaushalt sei – dass es deshalb privatisiert werden müsse, damit die kleinen Leute den großen Leuten noch mehr Profit bringen -, der Mann, unter dessen Regierungszeit tatsächlich die durchschnittliche Lebensdauer der Amerikaner wieder sinkt und die Geburtensterblichkeit wieder ansteigt…

nachdem dieser Mann willkürlich nicht nur über das Wohl seiner eigenen Landsleute, sondern auch über fremde Völker Tod und Verzweiflung brachte aus höchst fadenscheinigen Gründen, die nur unter dem Gesichtspunkt von Geld- und Machtgier erklärlich werden…

nachdem also dieser Mann gezeigt hat, wes' Geistes Kind er ist...

will dieser Mann uns erzählen, wie Freiheit und Demokratie geht? Der will Putin etwas lehren? Putin mag ja wahrlich nicht der Vorzeigedemokrat sein, doch nachdem die vorbeugenden Kriege eines George W. Bush gezeigt haben, dass der Starke immer Recht hat, kann ihm kaum noch jemand, der „auf GWB's Seite steht“, vorwerfen, auf einem Weg weiterzugehen, der nun einmal schwerer kaum sein könnte: vom Kommunismus ausgehöhlte Staatsressourcen, Machtstrukturen, die der Mafia so ähnelten, dass es kein Wunder ist, wenn diese die „legitime Nachfolgerin“ der alten politischen Rädelsführer wurde und dann noch die gierigen internationalen Großkonzerne, die wie Geier über seinem armen, reichen Land schweben – das ist nicht so einfach mit lockeren Sprüchen von Steuersenkungen für die Reichen und Abschiebung von Lasten auf die Kleinen zu erledigen, wie hier unsere Konservativen im Gleichschritt mit den Amerikanern predigen – denn bei den Kleinen ist in Russland nichts mehr zu holen.

Wenn die Masse nichts hat, sinkt freilich nicht nur das Bruttosozialprodukt wegen fehlenden Inlandsmarktes. Weil dies vor allem der Mittelstand und die Kleinunternehmer zu spüren bekommen, sinkt der Reichtum eines Volkes insgesamt – auch wenn Russland unseren amerikanisch-deutschen Gierexperten vorführt, dass die Superreichen immer noch prächtig superreich sein können in solch einem Land.

Wieso aber hecheln dann die vielen Amerikaner und Deutschen in ungebrochenem Glauben hinter ihrem „Führer“ her? Dort Bush, hier Stoiber – die Einpartei-Staaten scheinen sich in vielem zu ähneln: Inselgebiete der Hochtechnologie dümpeln in einer breiten Masse zutiefst gläubiger Landbevölkerung, die überwiegend nicht wählt, was politisch erfolgreich ist, sondern was von der Kanzel herunter gepredigt wird.

Da hat ein Joschka Fischer natürlich keine Chance. Denn seine Wähler sind typischerweise diejenigen, die nachdenken, die Zeitung lesen, die geschichtliche Verläufe im Blick behalten – und wenn er einen Fehler macht, denn muss er dafür geradestehen.

Wäre ja echt toll, eine Superdemokratie…

wenn es bei den Gläubigen bloß genauso wäre. Doch Helmut Kohl nennen wir heute noch den Superkanzler, als wüssten nicht alle, die damals offenen Auges Politik verfolgt haben, dass er seine Fehler niemals zugab, sie im Gegenteil in geradezu sprichwörtlicher Weise „aussaß“, als wäre nie etwas geschehen - und wenn es einmal nicht zu vermeiden war, dann eben ein paar Freunde als Bauernopfer stolpern ließ, um ungestört an der Macht bleiben zu können.

Seine wirtschaftlichen Erfolge? Genauso wenig selbst gemacht wie die Wiedervereinigung. Die Wirtschaft blühte im Schlepptau Amerikas, die Wiedervereinigung im Schlepptau von Gorbi.

Jedes Mal, wenn Kohl gefragt war, versagte er, doch dank des schnellen Vergessens seiner Medienfreunde ist er heute eine „geschichtliche Größe“. Dieses kurze Gedächtnis war wohl auch der Grund, der damals auch die „gerechte Entrüstung“ verhinderte, die nach Abdankung schreit. Ja vielleicht außer bei denjenigen wie mir – aber die „bild dir deine Meinung“-Menschen sicher nicht, schon allein deshalb, weil die zumeist größere Probleme als Politik haben.

Diese kurze Gedächtnis gilt jedoch nur für Freunde – nicht für die „Sozis“, ganz wie in Amerika, wo die Medien hinter nackten Busen jahrelang herweinen, den Anblick verstümmelter irakischen Kinder, die nur aus Macht- und Geldgier ihrer Zukunft beraubt wurden, jedoch scheuen – um die sensiblen Gemüter der Amerikaner zu schonen, sie davor zu schützen, was sie angerichtet haben – genau das Gegenteil dessen, was Intelligenz tun muss: sich über Verifikation, den Widerspruch an der Realität orientieren.

Und so großzügig sie zu Freunden sind, so „scharfsichtig“ werden sie bei „Feinden“. Also hecheln sie heute hinter Joschka her und ihm wird ihr kurzes Gedächtnis sicher nicht gegönnt.

Aber liebe Leute, seht euch doch einfach mal das Datum seiner Verfehlung an! Das war zu Zeiten des heraufdämmernden Irakkriegs, als langsam klar wurde…

dass „unser Amerika“ nicht mehr existiert, dass unsere Welt sich verändert und mit einer gewissen Wahrscheinlichkeit schlicht kollabiert…

gegen die globalen Möglichkeiten des Schadens, die aus dieser Entwicklung sich ergeben, ist ein Erlass (für mehr Freizügigkeit, aber die hassen wir ja seit Plato) mit einer lokalen negativen Auswirkung einfach nur – sekundär.

Aber das begreift unsere Merkel-Koch-Stoiber-Parade natürlich nicht. Dass die globale Erwärmung Fakt geworden ist während der konservativen 16 Jahre, die locker unsere Zukunft verschenken konnten, interessiert sie nicht – noch können wir ja atmen, noch ist es warm, noch transportiert der Golfstrom genügend Wärme für Europa, noch…noch…noch…

noch können wir vor Gier sabbern, uns an unsere Stühle klammern und unsere kleinen Intrigen spinnen, als gäbe es keine Physik, keine Erde, keine Luft und kein Wasser – wie die Lemminge auf dem Weg ins Meer, die Kaninchen in Australien, die kurzsichtigen Spezies in düsteren Science Fiction Romanen.

Dafür schauen wir mit weit geöffneten Augen nach Amerika, um ja von Bush zu lernen, wie man den dummen Wähler an der Nase herumführt.

Das Rezept?

Lügen, lügen, lügen – und wenn es herauskommt, mit den Achseln zucken. (Ja klar, die „Spendenaffäre“ fällt unter Kurzzeitgedächtnis, Herr Koch, nicht wahr?)

Obi-wan Kenobi:
The Force can have a strong influence on a weak mind.

Das funktioniert prächtig bei den Meinungen, die „gebildet werden“ durch Fernsehen und Großbuchstaben-Titelseiten.

Die Hexenjagd auf Joschka arbeitet genau nach dieser Methode – während Kohl wenigstens noch subtil seine Pressefreunde auf diejenigen ansetzte, die ihm zu nahe kamen, um das, was für alle Politiker üblich ist, plötzlich edelmütig „investigativ“ zu offenbaren (wohl wissend, dass das Meiste übliche Polit-Schmarotzerei war), wird jetzt ganz offen gelogen:

Der Volmer-Erlass soll die ukrainische Zwangsprostitution gefördert haben? Ist mir nicht aufgefallen, sagt eine Rechtsanwältin, die ihr Leben den Opfer solcher krimineller Handlungen gewidmet hat…

der Volmer-Erlass soll die Schwarzarbeit um Milliarden erhöht haben laut einem von der CDU zitierten Institut? Weiß ich nichts davon, sagt das Institut, die Milliardenzahlen sind zumeist „selbstgemacht“, deutsche Schwarzarbeiter, nur ein Bruchteil davon sind Osteuropäer…

in beiden Fällen sank nach dem Erlass sogar der Anteil der Ukrainer gemäß den statistischen Datensammlern („Monitor“ v. 24.02.2005, ARD 21.45h).

Doch Politmagazin „Monitor“ hat eben keine Quoten – Bild schon.

Und weil Monitor auch noch von Pro-Bush-Bloggern erzählte, die zwar gegen Abtreibung sind und Bush als edle Verkörperung der konservativen Werte sehen - den Massenmord in Irak freilich kaum als besonderes Problem für ihr Gewissen betrachten können…

muss ich hier nun klar und deutlich feststellen, dass es bei mir umgekehrt ist. Ich habe mir nicht jahrelang erzählen lassen, was für Verbrecher wir Deutschen waren, ohne hinzusehen, wie es denn damals funktioniert hat: Und für mich sind die Verhaltensweisen viel zu übereinstimmend, um nicht alarmiert zu sein, für mich sind die „Law and Order“-Menschen mit ihren lautstarken, zumeist gewalttätig vertretenen moralischen Vorstellungen nicht einfach eine Kleinigkeit, die man „aussitzen“ dürfte.

Wer Abtreibung verbietet und gleichzeitig Sexualaufklärung behindert, fördert – geschichtlich bewiesen – nichts anderes als eine Erhöhung ungewollter Schwangerschaften mit all dem Leid im Gefolge, das nicht selten in Misshandlung oder gar Tötung der Geborenen, ob groß oder klein, endete. Wer dies dazu noch im Namen des Lebens tut, während er mühelos Hunderttausende Unschuldiger töten, verstümmeln, entrechten und enteignen kann, nur weil sie in einem Land wohnen, das mit viel Öl auf den Euro umsatteln wollte (und damit die Rolle des Dollar als Reservewährung in Frage stellte)…

der hat kein Recht, vom Wert des Lebens und der Freiheit zu reden.

Und wenn Pro-Bush-Blogger das Netz benutzen, um wie die Päderasten, Antisemiten oder andere Gewaltverherrlicher ihre Meinung zu veröffentlichen…

dann tue ich das auch:

Werner Heisenberg:
Es ist immer schwierig, über den Wert politischer Ziele zu urteilen, wenn deren Erreichung noch in weiter Ferne liegt.
Ich glaube daher, daß man eine politische Bewegung nie nach ihren Zielen beurteilen darf, die sie laut verkündet und vielleicht auch wirklich anstrebt, sondern nur nach den Mitteln, die sie zur ihrer Verwirklichung einsetzt

18:21:58 Dixi: there is an end of the matter; everything that could be said has been said – for today

19.02.2005

Martin Luther King, Jr.:
Our lives begin to end the day we become silent about things that matter

Nein, mein Blog ist immer noch meinem Projekt gewidmet...

aber „Anne Frank von Irak“ erschüttert mich immer wieder. Ihre Geschichten über das, was Amerika da verbrochen hat – und was wir hier im satten, selbstmitleidigen Deutschland so gerne, gerne übersehen – ist genau das, was die Geschichte uns schon tausendmal gelehrt hat.

Die Zugewinnfunktion der Intelligenz spricht gegen uns.

Wir sind schon längst nicht mehr auf dem aufsteigenden Ast der Evolution, wir sind nichts weiter als ein Haufen jämmerlicher Versager, ein Haufen Lemminge, die auf alten, längst im Meer verschwundenen Pfaden weiter vorwärts trampeln – und das mit wachsender Begeisterung – und von Mutter Natur auch sicher nicht am globalen Selbstmord gehindert werden…

wohl weil wir ohne den Massenselbstmord nicht mal als Rasse überleben könnten.

ein Haufen von Blindgänger, die nur hinter ihren Bossen herlaufen können und sich auf Befehl gegenseitig quälen – alles irgendeinem „oberen Prinzip“ opfernd, ob das nun Führer, Volk, Gott oder König ist, ist reichlich egal.

Amerika, das sich selbst so liebt und andere so verachtet, dass sie problemlos zu Hunderttausenden getötet werden dürfen, hat Irak, das doch wirklich schon nicht sonderlich reich war vor dem Krieg, nun endgültig zu einer Hölle gemacht.

Vor allem – für Leute wie uns. Gemäßigte, gebildete Leute, die sich keinen totalitären Strukturen, weder von Kirche noch von Staat, unterwerfen wollen, müssen jetzt das „Maul halten“. Nicht, weil es schon Gesetz wurde wie im Iran, nein, weil diejenigen, die moderat sind, zwar möglicherweise die Mehrheit bilden, die anderen aber die Gewalttätigen sind.

Und wer anständig ist, versucht, nicht nur sich, sondern auch seine Familie und Freunde zu schützen.

Und ist damit in einer solchen Umgebung…

der Schwächere.

Und der Schwächere verliert, wo nur noch das Gesetz des Stärkeren regiert. Ganz genau das ist es, was heute in der Vorzeigedemokratie Amerika geschieht und wir wussten das doch schon seit 10 Jahren - jetzt aber nicht wieder das deutsche Gejammere vom „ich hatte keine Ahnung“, bitte!

Wir können das seit mehr als 10 Jahren nicht nur sehen, wir fühlen es auch am eigenen Leib, bezahlen für diesen Trend mit Jobs und Lebensstandard – diese Boss-Hörigkeit, diese völlige Unterwerfung unter die Führermentalität ist nicht erst seit Bush nicht mehr zu leugnen. Genau das ist es doch, was sich in unserer Industrie breit machte – das Bananenhaufen-Prinzip, das Gier als oberste Prämisse akzeptiert und Verantwortung nur als einen Ballast predigt, den „man“ abwerfen muss, will man „Führungsqualitäten“ beweisen.

Die paar „Heulsusen“, die dem entgegnen, dass eine Firma eine Gemeinschaft ist, die mit Gemeinschaftsmethoden geführt werden muss und nicht mit der harten Hand, die sogar behaupten, dass in einer schnelllebigen Zeit feste Herrschaftsstrukturen, sprich die mit Ritualen arbeitende Konfigurationsmethode, völlig unpassend ist, werden nur als „Memmen“, als „Mamas“, Mütter – als Frauen – diffamiert, um zu zeigen, dass sie nicht „viril“ genug sind, um zu dominieren.

Frau – das perfekte Schimpfwort, denn Frauen sind minderwertige Versager, sie haben noch nie etwas geleistet, es gibt keine großen Erfinderinnern unter den Frauen und sie wollen sogar ihre eigene Unterjochung, ganz wie im Iran, wo sie die muslimischen Sekten wählen, die ihnen alle Menschenrechte verweigern.

Wie das kommt?

Weil eine einzige Frau nicht gegen eine ganze Stadt ankommt – und weil mit ihr auch immer ihre ganze Familie am Pranger steht, wie Riverbend, die irakische Anne Frank, erzählt:

And Life Goes On...: „“Please dress appropriately next time you come here.” The man said to me. I looked down at what I was wearing- black pants, a beige high-necked sweater and a knee-length black coat. Huh? I blushed furiously. He meant my head should be covered and I should be wearing a skirt. I don’t like being told what to wear and what not to wear by strange men. “I don’t work here- I don’t have to follow a dress code.” I answered coldly. The cousin didn’t like where the conversation was going, he angrily interceded, “We’re only here for an hour and it really isn’t your business.”“ (Quelle 19.02.2005)

Wenn sie „aufmuckt“, trifft es eben auch den „Cousin“ - weil der sonst mitbestraft wird, weil der sonst „für sie“ zu kämpfen hat. Und das ist nicht anständig, also darf sie es nicht tun, zumindest nicht sehr lange und so erzählt Riverbend, wie sich die Frauen langsam, aber sicher den fremden Anweisungen unterwerfen:

Groceries and Election Results...: „You feel it all around you. It begins slowly and almost insidiously. You stop wearing slacks or jeans or skirts that show any leg because you don’t want to be stopped in the street and lectured by someone who doesn’t approve. You stop wearing short sleeves and start preferring wider shirts with a collar that will cover up some of you neck. You stop letting your hair flow because you don’t want to attract attention to it. On the days when you forget to pull it back into a ponytail, you want to kick yourself and you rummage around in your handbag trying to find a hair band… hell, a rubber band to pull back your hair and make sure you attract less attention from *them*.“ (Quelle 19.02.2005)

Was keinesfalls heißen muss, dass sie sich „für die Unterdrückung entscheidet“, ganz im Gegenteil:

Groceries and Election Results...: „The subject of the veil and hijab came up and I confessed my fear that while they might not make it a law, there would be enough pressure to make it a requirement for women when they leave their homes. He shrugged his shoulders and said, “Well women in Iran will tell you it’s not so bad- you know that they just throw something on their heads and use makeup and go places, etc.” True enough. But it wasn’t like that at the beginning. It took them over two decades to be able to do that. In the eighties, women were hauled off the streets and detained or beaten for the way they dressed.
It’s also not about covering the hair. I have many relatives and friends who wore a hijab before the war. It’s the principle. It’s having so little freedom that even your wardrobe is dictated. And wardrobe is just the tip of the iceberg. There are clerics and men who believe women shouldn’t be able to work or that they shouldn’t be allowed to do certain jobs or study in specific fields.“

Es ist nicht das Bedecken der Haare selbst, schreibt sie klarsichtig, es ist der Zwang dazu, dass du nicht einmal das kleine Recht hast, über deine Kleidung selbst entscheiden zu dürfen. Und dass dies eben „nur die Spitze des Eisbergs“ ist, weil Frauen dann auch nicht mehr studieren, nicht mehr arbeiten dürfen…

Groceries and Election Results...: “I nodded and handed over the bags to be weighed. “Well… they’re going to turn us into another Iran. You know list 169 means we might turn into Iran.” Abu Ammar pondered this a moment as he put the bags on the old brass scale and adjusted the weights.
“And is Iran so bad?” He finally asked. Well no, Abu Ammar, I wanted to answer, it’s not bad for *you* - you’re a man…”

eigentlich ist es im Iran doch gar nicht so schlecht, meint der Gemüsehändler und Riverbend denkt, dass es eben nur für ihn als Mann nicht so schlecht ist, doch das stimmt nicht wirklich. Sicher trifft es zuerst die Frauen, sie sind nun einmal der Maßstab einer Kultur.

Wie eine Kultur mit ihren Müttern umgeht, zeigt, welchen Respekt sie vor dem Leben hat, welchen Wert sie den einzelnen Menschen vergönnt.

Und genau hier verschlechtert sich auch das Leben eines jeden Mannes in einem solchen System. Er erhält zwar das Recht über den weiblichen Körper, doch nur als Ausgleich für seine eigene Freiheit. Das aber ist für die meisten Leute nur schwer zu verstehen, sie vergleichen einfach niemals, niemals die Lebensqualität in freiheitlichen und in rigiden Kulturen. Doch von nichts kommt nichts und wer seine Freiheit liebt, darf die „gleichen Rechte für alle“ nicht an einer einzigen, noch so winzigen Stelle aufgeben, auch wenn es ihn nicht selbst betrifft und er nur Vorteile darin sieht. Er zahlt dafür.

Groceries and Election Results...: „Baghdad is once more shrouded in black. The buildings and even some of the houses have large black pieces of cloth hanging upon them, as if the whole city is mourning the election results. It’s because of “Ashoura” or the ten days marking the beginning of the Islamic New Year but also marking the death of the Prophet’s family 1400+ years ago in what is now known as Karbala. That means there are droves of religious Shia dressed in black from head to foot (sometimes with a touch of green or red) walking in the streets and beating themselves with special devices designed for this occasion.
We’ve been staying at home most of the time because it’s not a good idea to leave the house during these ten days. It took us an hour and 20 minutes to get to my aunt’s house yesterday because so many streets were closed with masses of men chanting and beating themselves. To say it is frightening is an understatement. Some of the men are even bleeding and they wear white to emphasize all the blood flowing down backs and foreheads. It’s painful to see small children wearing black clothes and carrying miniature chains that really don’t hurt, but look so bizarre.
Quite frankly, it’s disgusting. It’s a quasi political show of Sadomasochism that has nothing to do with religion. In Islam it’s unfavorable to hurt the human body. Moderate Shia also find it appalling and slightly embarrassing. E. teases the Shia cousin constantly, “So this your idea of a good time, ha?” But the cousin is just is revolted, although he can’t really express it. We’re so “free” now, it’s not good idea to publicly express your distaste to the whole bloody affair. I can, however, express it on my blog…“

Rigide Kulturen unterdrücken niemals „nur“ die Frauen – es mag den Gläubigen bei der „Ashoura“ zwar „Spaß“ machen im Sinne von „irgendwie gearteter Befriedigung“, sich mit Peitschen blutig zu schlagen wie im Mittelalter (und es auch von ihren Kindern zu verlangen), die Frage ist jedoch erlaubt, ob sie tatsächlich den Schmerz freiwillig wählen würden. Haben nicht die Christen ähnliche Selbstgeißelungsriten „bevorzugt“ und was denken sie heute darüber?

Dass sich solch selbstzerstörerisches, menschenverachtendes Verhalten überhaupt durchsetzen kann, liegt an nichts weiter als an simpler, unintelligenter Gewaltbereitschaft, weil es dann für die Gemäßigten „nicht mehr gut ist, seine Abscheu vor einem solchen blutigen Spektakel öffentlich kundzugeben“ – und die Dummen können nun einmal nicht vorhersehen, wohin ihr Tun sie und andere führt, sie genießen nur irgendwelche kurzfristigen Vorzüge.

Alte Weisheit:
Stärke folgt dem Maximum
Intelligenz dem Optimum

Das Ende der freien Rede. Die Herrschaft der Dummheit.

Natürlich „erhalten“ die „kleinen Leute“ auch etwas für ihre Unterwerfung – zumindest am Anfang, doch da sie ihre Möglichkeiten zur Selbstverteidigung aufgeben, müssen sie früher oder später dafür zahlen, denn ein solches System ist ein Teufelskreis. Zuerst gibst du ein paar Freiheiten auf, nur ein paar, denkst du, doch du erziehst damit deine Kinder in einer Welt, die sich ohne diese Freiheiten in ihre Gehirne einbrennt, dafür aber mit deiner Neigung zur Unterwürfigkeit, zur Toleranz gegenüber der Ungerechtigkeit.

Physik der Information, ISBN 3-935031-03-3,
Epilog: das Yin und Yang der Intelligenz, S. 249

„Unsere Intelligenz hat sich soweit entwickelt, dass sie alles lernen kann.

Sogar den größten Schwachsinn.

Er muss nur wiederholbar und unterscheidbar sein, dann ist es Information und dann ist es „Wahrheit“.“

Ich kann nicht viel tun gegen das Unrecht, die Ungerechtigkeit, die Riverbend erfahren muss. Aber Deutschland ist Anne Frank verpflichtet, nie wieder so etwas zuzulassen.

Also schreibe ich darüber.

“I can, however, express it on my blog…“

18:11:47 Dixi: there is an end of the matter; everything that could be said has been said – for today

13.02.2005

Bertrand Russell:
Many people would rather die than think; in fact, most do

Die Hexenjagd auf Joschka Fischer ist also eröffnet.

Hat wieder nichts mit meinem Projekt zu tun, doch mein Projekt stemmt sich sowieso praktisch chancenlos gegen eine Welt, deren Zwänge aus einem Verhalten stammen, das Konrad Lorenz weitaus besser beschreibt als irgendein Erklärungsmuster, das rationale Motive unterstellt.

Wir folgen brav dem Weg der Amerikaner in den absolutistischen Konservatismus. Stoiber und Merkel mit dem lauernden Koch im Hintergrund, (der schon längst die Bush-Weisheit lernte, dass du machen kannst, was du willst, solange du dich durch Anstand nicht behindern lässt), streiten sich ja nicht umsonst um die neuen Machtverhältnisse in dem neuen Einparteien-Staat der Zukunft – der bildzeitungsgelenkten Faux-Welt, in der die Freiheit des Denkens auf die Freiheit des Nachlaufens eingeschränkt ist.

„Aus der Demokratie entwickelt sich die Tyrannei, wenn Freiheit im Übermaß bewilligt wird. –
Gleichheit ist die Parole! Eltern und Kinder, Lehrer und Schüler, alt und jung, alle sind gleich! –
Der Vater fürchtet den Sohn, und der Sohn hat keinen Respekt vor den Eltern. Der Lehrer fürchtet die Schüler und schmeichelt ihnen, und die Schüler verachten ihre Lehrer.
Schließlich tolerieren die Bürger keine Art von Autorität und Gesetz. -
Sie tolerieren keinen Herrn über sich. -
Die Folge ist letzten Endes die Tyrannei.
Das Übermaß von Freiheit führt zum Übermaß von Sklaverei, und je größer die Freiheit, desto größer die Sklaverei“ – Plato, 400 v. Chr.

Das klingt so bekannt – das ist die Geschichte des neuen Amerikas (und das alten Deutschland), so scheint es.

Zuviel Freiheit für Menschen ist ungesund, wir brauchen Herren und Führer, die uns Ordnung schaffen und Halt geben?

Tut das nicht allen Menschen mit ein bisschen Stolz weh – die genug Hirn im Kopf haben, um zu erkennen, dass das Highlander-Prinzip (es kann nur einen geben) die Wahrscheinlichkeit gegen sie sprechen lässt, dass sie „die einen“ sind, die die anderen führen dürfen?

Wo also liegt der Fehler?

Der Fehler liegt darin, dass wir nicht entscheiden können, wie viel Freiheit wir uns gewähren.

Wir können uns nur für Tod oder Leben entscheiden – für Dummheit oder Intelligenz. Intelligenz ohne Freiheit funktioniert nun einmal nicht.

Und selbst wenn Freiheit, die dann natürlich auch für die Dummheit gelten muss, eine Katastrophe aufgrund dieser Dummheit hervorrufen mag, so ist die Katastrophe, die Unfreiheit für Intelligenz früher oder später verursachen muss, weitaus unbezwingbarer, weitaus unvermeidbarer und umfassender. Schlicht weil Dummheit die Konsequenzen der eigenen Aktionen generell nicht sehen kann und deshalb generell trotz schrillender Alarmglocken munter weiter in die Sackgasse läuft, wenn die Karotte nur deutlich genug vor der Nase hängt – oder der Bananenhaufen am Ende der Fahnenstange leuchtet. Keine Freiheit oder Unfreiheit hält die Gier auf, nur wirklich physische Fesseln vermögen dies – wenn aber Unfreiheit herrscht, kann Intelligenz diese freilaufende Gier nicht einmal mehr erkennen und stoppen.

Unbezwingbar wie der Tsunami – dafür genauso vorhersehbar, zumindest in kurzen Zeitfenstern. Denn bereits wenige Minuten nach dem pazifischen Monsterbeben war aus modernen Aufzeichnungssystemen bereits zu erkennen, dass sich ein Tsunami bildet.

Doch es gab kein Informationsverarbeitungssystem, das den Input hätte aufnehmen können! (Quelle 13.05.2005)

Die Herren wussten schlicht nicht, wen sie anrufen sollten – oder die Emails landeten in Büros, die auf Urlaub waren. Dafür starben dann fast 300.000 Menschen.

Dabei ist dieser Tsunami nicht einmal ein gutes Beispiel für die selbstverschuldeten Katastrophen, denn hier war das Zeitfenster, das verschenkt wurde, nur knappe zwei Stunden offen. Auch Vulkane und Erdbeben sind keine besonders guten Beispiele, denn hier dürfte menschliches Versagen zwar sicher am Ausmaß der Katastrophe beteiligt sind, ist es jedoch eher weniger an der Ursache.

Aber bei Fluten ist das schon ein wenig anders, Kinder.

Und bei Unwettern.

Und wie es aussieht, haben wir das Zeitfenster, das hier Jahrzehnte währte – spätestens seit dem Club of Rome waren wir ja gewarnt – wohl verschlafen. (Quelle 13.05.2005)

Freiheit ist kein Luxus – Freiheit ist das einzige System, das uns Überleben garantiert.

Spektrum der Wissenschaft (siehe Medienlinks), 8/2000, „Der Hominiden-Korridor Südostafrikas“, Dr. Friedemann Schrenk/Timothy G. Bromage, S. 47:

„Wenn also robuste Australopithecinen und die ersten Vertreter der Gattung Homo gleichzeitig aus ihren jeweiligen leichter gebauten Australopithecinen-Vorfahren entstanden, dann musste es zur Entwicklung der überdimensionalen Zähne eine geeignete Alternative gegeben haben, die ebenfalls der zunehmend härteren Nahrung Paroli bot. Diese Alternative war offensichtlich der Einsatz von Werkzeugen…

Unter dem Druck der damaligen Umweltveränderungen war es sicherlich gerade die Fähigkeit der Hominiden zu kulturellem Verhalten, welche die Gattung Homo entstehen ließ…

Homo rudolfensis zeichnete sich unseres Erachtens vor allem durch ein besonders flexibles Verhalten aus, was etwas später – auf der nächsten Evolutionsstufe – mit der Entwicklung eines größeren und leistungsfähigeren Gehirns einherging…

Die Größe des Gehirns innerhalb dieser Gattung, der auch wir angehören, nahm stark zu. Dank einer Werkzeugkultur verloren die Backenzähne an Bedeutung für die Nahrungszerkleinerung“. (© Spektrum der Wissenschaft Verlagsgesellschaft Heidelberg)

Werkzeuge statt Backenzähne: Intelligenz statt Kraft, Flexibilität statt Spezialisierung.

Und warum, wo doch der „Spiegel“ deutlich macht, dass Dummheit sehr wohl Vorzüge hat?

Weil sich die Verhältnisse änderten…

„Trotz einer gewissen Eigenständigkeit stand die Sambesi-Ökozone also mit dem südlichen und östlichen Afrika in Austausch. Allerdings konnten Tiere, die an einen sehr spezifischen Lebensraum gebunden waren, die Region jeweils nur dann durchqueren, wenn ökologisch extreme Bedingungen geeignete Lebensräume süd- beziehungsweise nordwärts verlagerten. Eine solche Phase begann vor ca. 2,8 Millionen Jahren, als das Klima im Zusammenhang mit der zunehmenden Vereisung der arktischen Regionen auch in Afrika kühler und hier vor allem trockener wurde“ (aus dem Spektrum Artikel).

Der Werkzeuggebrauch bot trotz der höheren Anforderungen an Intelligenz und Kultur, sprich der Notwendigkeit, es den Jungen auch beizubringen, nämlich einen großen Vorteil, den Kraft und Spezialisierung nicht bieten konnten:

„Die zunehmende Unabhängigkeit vom Lebensraum führt zu zunehmender Abhängigkeit von den dazu benutzten Werkzeugen“.

Unabhängigkeit vom Lebensraum sprich Unabhängigkeit von der Umgebung – einer Umgebung, die sich so schnell änderte, dass schlicht keine Anpassung an die aktuelle Situation auf dem „konservativen“ Weg der Evolution möglich war.

Und hier sind wir tatsächlich wieder bei der Hexenjagd auf Joschka Fischer.

Denn die Konservativen wissen genau, wie man sich an der Macht hält, das haben sie in den Instinkten, die sie von den Schimpansen erbten – Konrad Lorenz hat wunderschön das Baby-Küssen und das Hofieren und Intrigieren beschrieben, mit dem sich ein Möchtegern-Alpha mindere Männchen und praktisch nur als Stimmvieh nützliche Weibchen günstig stimmte, weil es keine Alphas ohne Betas geben kann.

Und weil Mr. Bush in Amerika die Demokraten mit dieser Methode der persönlichen Angriffe tatsächlich völlig ausgeschaltet hat – es gibt keine funktionierende Opposition mehr in Amerika, nicht einmal der massive Vorwurf eines Wahlskandals und eine rege Grassroots-Bewegung (Quelle 13.02.2005) zur Verteidigung des Werts der Wahlstimmen konnte mehr etwas bewegen, die ersten linken Rechtsanwälte werden bereits verurteilt, als wären sie Komplizen derjenigen, die sie verteidigten (wobei gerade der Patriots Act die Sache einer wahrheitsgemäßen Beweisfindung seitens des Staates inzwischen sehr fragwürdig macht) und Widerstand gegen einen heraufdämmernden Iran-Krieg existiert erst gar nicht -, weil er mit den neuen Gesetzen zum Schutz der Wirtschaft vor juristischen Klagen genau die Rechtsanwälte trifft, die eine Basis der Demokraten (und „des gemeinen Volkes“) darstellen, weil er mit der Zerschlagung des Sozialstaates Armut hervorruft, die die Menschen notwendig wieder in den Extremismus (und, lieber Herr Stoiber, auch in die Sekten) der Heilsapostel ohne Verstand, dafür mit viel Versprechungen zurücktreibt…

weil er eine „faith-based presidency“ schaffen kann, die auf die Realität pfeift, nur um an der Macht zu bleiben (Quelle 13.02.2005)

deshalb wird er zum großen Vorbild (fast) aller (konservativen) Politiker in diesem Lande. War Stoiber schon immer so unsachlich, dafür aber „marketing-technisch“ versiert wie mit diesem Vorwurf gezeigt, die Arbeitslosigkeit – übrigens einerseits hervorgerufen durch Kohls Gier, der Vereinigungskanzler zu werden und uns damit einen Schuldenberg zu hinterlassen, der dem Staat jede Handlungsfreiheit nimmt, und andererseits durch den jahrzehntelangen Kniefall vor den Unternehmern, der zu nichts anderem als wachsenden Gehältern der Führenden und zu Entlassungen der „niederen Chargen“ führte – sei nicht nur von der rot-grünen Regierung „gemacht“, sondern unterstütze auch die braune Brut? Deren Neuauflage, die Republikaner, interessanterweise in Bayern stattfinden konnte?

Faith-Based Community (Quelle 13.02.2005):

“The aide said that guys like me were 'in what we call the reality-based community,' which he defined as people who 'believe that solutions emerge from your judicious study of discernible reality.' I nodded and murmured something about enlightenment principles and empiricism. He cut me off. 'That's not the way the world really works anymore,' he continued. 'We're an empire now, and when we act, we create our own reality. And while you're studying that reality -- judiciously, as you will -- we'll act again, creating other new realities, which you can study too, and that's how things will sort out. We're history's actors . . . and you, all of you, will be left to just study what we do.'” (©The New York Times Company, Unterstreichung eingefügt.)

Schriftgelehrtenwissenschaften (wie Politik und Betriebswirtschaft), die die Schrift über die Wissenschaft stellten, die das Ritual zum Selbstzweck werden ließen…

das soll die bewunderungswürdige Fähigkeit der Konservativen hinsichtlich der Wirtschaft sein?

Deren Rezept ist nichts weiter als das Ritual, sich dem Mächtigen zu unterwerfen, um auch ein Stückchen von dem Kuchen zu erhalten: das Bananenhaufen-Prinzip.

Denn wie funktioniert das konservative Allheilmittel zur Förderung der Wirtschaft? Gebt den Unternehmern/Unternehmen mehr Gewinne! Egal von woher – ob von der Umwelt oder von der Gegenwart oder Zukunft des „gemeinen Volkes“, Hauptsache mehr Gewinne, denn mehr Gewinne schaffen Arbeitsplätze!

Erinnert sich jemand an die 90er Jahre? Ist schon mehr als fünf Jahre vorbei, sicher, ihr Faux-News und Bild-„Informierten“ – aber die 90er Jahre kreierten den Begriff des „Wachstums ohne Arbeitsplätze“. Die großen Unternehmen wurden immer reicher, bis sie wie der Esel aufs Eis gingen, um die Kohle im Ausland zu verjubeln, während die Arbeitslosenzahlen im Inland beständig wuchsen.

Das Rezept taugt nichts. Schon lange nicht mehr. Es taugt nichts, sich dem Führer zu unterwerfen, in der Hoffnung auf ein paar Brosamen – denn der Führer wird nur immer gieriger, nichts sonst. Haben nicht gerade wir Deutschen das reichlich ausgekostet? Habt ihr aus Dresden tatsächlich nur das gelernt, was die Sachsen-NPD demonstrierte?

Das Radfahrerprinzip – nach oben buckeln, nach unten treten – ist völlig nutzlos. Es kann vielleicht gerade einmal dazu dienen, eine freiheitliche Kultur einer jungen Gesellschaft oder eines jungen Unternehmens auszubeuten, doch wenn diese Ausbeutung erledigt ist, bricht das System in sich zusammen.

Und für alle, die noch an das Führer-Prinzip und die Kreativität der Konzerne glauben – Führer sind der Anfang vom Ende, Schmarotzer an der Intelligenz ihrer Vorgänger. Der Spiegelsaal führt zu nichts weiter als zu „faith-based presidencies“.

Das war schon in Rom so (Quelle 13.02.2005):

Arbeitslosigkeit und Inflation, Technologieverfall und hohe Militärausgaben – das gab schon Rom den Rest, nachdem die Welt soweit erobert war, dass es nichts mehr zu stehlen gab. Und die Herren Führer sind nun einmal zu nichts anderem in der Lage, als an die Macht zu kommen und dort zu bleiben, das ist alter Schimpansen-Instinkt. Der lehrt nur leider nicht, wie neue Technologien entwickelt werden können, der kann nur weiter entwickeln, was bereits da war – und natürlich, was sich für das Militär verwenden lässt, dieses herrlichste aller Machtinstrumente.

Dummheit siegt, sagte der „Spiegel“.

Nur leider verliert damit die Menschheit.

Das ist wie bei den kräftigen Backenzähnen, die die harte Nahrung zerkleinern konnten, die der zarte Australopithecus niemals hätte essen können – wenn da nicht das Werkzeug gewesen wäre, mit denen die zarten Hände die harten Schalen zerschlugen, um an das weiche, nahrhafte Innere zu kommen.

Unser starker Vorfahr ist tot, überlebt hat der Intelligente.

Darwins Gesetz heißt nämlich keinesfalls „das Gesetz des Stärkeren“, es heißt „Law of the fittest“ – und das ist weitaus treffender mit „das Gesetz des Bestangepassten“ übersetzt.

Doch leider gibt es eine natürliche Grenze für jede Informationsverarbeitung, Intelligenz für sich zu nutzen – es gibt einen Scheitelpunkt für jedes System, an dem mehr Intelligenz nicht mehr Voraussicht, sondern nur mehr Aufwand, mehr Ärger bedeutet: die Zugewinnfunktion der Intelligenz.

Und den haben wir erreicht und zwar wohl seit Erfindung der Landwirtschaft. Seit damals schaffen uns unsere paar kreativen Köpfe eine Umwelt, die die Masse nicht mehr versteht.

„Die zunehmende Unabhängigkeit vom Lebensraum führt zu zunehmender Abhängigkeit von den dazu benutzten Werkzeugen“ (aus dem Spektrum Artikel).

…zunehmende Abhängigkeit von Werkzeugen…

heißt zunehmende Anforderungen an…

Intelligenz und Kultur.

Die Masse, die konservativ lernen muss, die in Ritualen denken muss, um trotz fehlendem Verständnis handlungsfähig zu bleiben, die passiv Informationsverarbeitung treiben muss, weil sie es aktiv gar nicht kann, weil nur die Konfigurationsmethode des Auswendiglernens, des vorgeführten Beispiels, ihnen die Möglichkeit des komplexen Handels verschafft: das Ritual. Das aber heißt, dass vieles ihrer „Intelligenz“ nicht in ihnen selbst steckt, sondern in diesen Ritualen, die jedoch auf einen bestimmten Problembereich zugeschnitten sind.

Ändert sich dieser Problembereich, müssten sich eigentlich auch die Rituale ändern, doch wie anpassen, wenn man das Ritual zum Selbstzweck erklärt hat?

Deshalb wird unsere Politik auch weiterhin die Freiheit verdammen wie Plato und den Führern hinterherlaufen wie weiland hinter Hitler – weil Denken so furchtbar weh tut.

Es macht nämlich wirklich Arbeit und nur dann, wenn du es richtig tust, hast du auch Erfolg, ansonsten wirst du durch Versagen bestraft. Das kann reichlich schmerzhaft werden. Da ist es viel, viel leichter, gleich denjenigen hinterherzulaufen, die bereits Erfolg haben.

Denn die müssen doch „richtig gedacht“ haben?

Das Prinzip der Anerkennung, obwohl von Mutter Natur selbst als Lustgewinn in unsere Verhaltensprogramme Instinkt und Gefühl eingepflanzt wegen seiner Nützlichkeit, hat seine Grenzen - und zwar schlicht seit der Erfindung der Sprache, die die Unabhängigkeit der menschlichen Informationsverarbeitungen weitgehend aufhob.

Ein Erfolgsrezept der Schimpansen kann bei Menschen nur dann funktionieren, wenn die Verhältnisse gleich blieben – doch genau das tat es nicht beim Führerprinzip. Die weitaus höhere Vernetzung der Abbildungen (Weltvorstellungen) in den einzelnen Informationsverarbeitungen Mensch durch die Sprache erschuf deshalb zusammen mit dem Führerprinzip den Spiegelsaal: das Phänomen, das der Leithammel so sehr von seinen untergebenen Schafen von der Realität abgeschirmt wird, dass er den Widerspruch, den seine falschen Entscheidungen hervorrufen, nicht mehr zu spüren braucht. Natürlich ist der Widerspruch immer noch vorhanden, doch ausbaden muss es eben jemand anderes.

Ja, es scheint sich sogar zum Sport unter den modernen Führer zu entwickeln, andere „bluten“ zu lassen – wer es heute in die Schlagzeilen schafft mit diesem herrlichen Begriff, sein Unternehmen „bluten zu lassen“, beweist Führungsstärke – er kann sich über die Existenzen fremder Menschen ohne jegliche Rücksicht hinwegsetzen, nur um ein paar Großaktionäre noch ein wenig reicher zu machen. Das muss belohnt werden! Pfeif’ auf die Zukunft!

Nur leider schafft das Ausbluten keine neuen Technologien, die dann neue Märkte schaffen könnten – ohne etwas zu vernichten, sondern einfach durch Fortschritt, vielleicht sogar, wie uninteressant, durch Verbesserung von Lebensqualität und Umweltverträglichkeit.

Nach Amerika müssen wir hier schon lange nicht mehr schauen – dort wird, wie bei den Römern, nur noch ausgeschlachtet, was in den Jahrzehnten davor in Gang gebracht wurde. Neues kommt längst nicht mehr von Amerikas Industrie, nicht einmal in der so berühmten amerikanisch-dominierten IT. Auch dort ist der wahre Motor der Erfindung nur die „Freiheit“: entweder die Freiheit der Nobelpreisträger in den Labors oder des Open Source. Und diese Ecke ist nicht nur international, sie gehört auch nicht wirklich einem „Unternehmen“ und schon lange keinem Konzern.

Das, Herr Stoiber, Herr Koch und die sich längst verabschiedende Frau Merkel, sollten Sie sich vielleicht zu Gemüte führen, wenn Sie Ihren Konservativismus weiterhin genießen wollen – denn das amerikanische Vorbild radiert gerade alles aus, an was Sie glauben.

Auch wenn es Ihnen im Moment nicht so scheinen mag.

Aber das hat es mit Höhepunkten so an sich…

von nun an geht’s bergab.

Sie werden nicht gewinnen können mit solchen Hexenjagden – früher vielleicht, doch jetzt nicht mehr, dafür ist gar nicht mehr lange genug Zeit, meine Herren. Nur ein umweltbewusstes und soziales Verhalten hat noch eine klitzekleine Chance, die Menschheit überleben zu lassen. Sie glauben nicht an Kassandra? Troja glaubte es auch erst, als die Kinder dafür brennen mussten. Wie in Dresden. The sins of the fathers: Die Kinder büßen für die Dummheit der Eltern.

Go, Joschka, go!

18:41:09 Dixi: there is an end of the matter; everything that could be said has been said – for today

11.02.2005

Albert Einstein:
“the least comprehensible about the universe is, that we can comprehend it”

#879: die QuBits

17:40:50 Dixi: there is an end of the matter; everything that could be said has been said – for today

09.02.2005

Farscape, Aeryn:
It's always about time

Über die Natur der Veränderung.

Bei all den Überlegungen über die Transformationen X, die sich verknüpfen lassen und wiederholbar sind, stolperte ich immer wieder über dasselbe Problem:

Wiederholbarkeit heißt, dass aus einem bestimmten Anfangszustand immer derselbe Endzustand folgt.

Das ist völlig korrekt in der Praxis, weil die Realität so viele Einschränkungen erzwingt, dass weder die gesamten Umfänge aller realen Zustände noch die Ewigkeits-Bedingung des „immer“ real machbar sind. Jegliche Informationsverarbeitung muss deshalb mit Hypothesen arbeiten, die über das Eingehen bestätigender Ereignisse bestärkt oder durch einen Widerspruch erledigt werden.

Aber eigentlich dreht sich bei der Information alles um Transformationen. Zustände sind nur „Beiwerk“ - zwar unerlässliches Beiwerk, aber eben nur Beiwerk.

Physik der Information, ISBN 3-935031-03-3,
Verknüpfungen von Transformationen: Wiederholbarkeit und Zusammenhang, S. 130

„Sollen die Translationen also eine „vernünftige“ Funktion darstellen, muss die Transformation „wiederholbar“ in dem Sinne sein, dass in der Menge der Transformationen, die die Werte der betreffenden Eigenschaft verändern können, nur solche mit unterschiedlichen Anfangszuordnungen auftreten oder anders gesagt: Es darf keine Gruppe von Transformationen existieren, die zwar einen gleichen Anfangszustand, aber unterschiedliche Endzustände aufweisen. Wie bei der Bestimmung der Eindeutigkeit einer Korrespondenz muss durch die Anfangszuordnung festgelegt sein, wie die Endzuordnung aussieht und dies in jedem Fall.

7. Wiederholbarkeit: für X(e|w) = e|w’ und X(e|w)=e|w’’

==> w’ = w’’

Werden Zuordnungen betrachtet als durch Transformationen erzeugt, lässt sich dies auch folgendermaßen formulieren: Wiederholbarkeit heißt, dass vorangehende Transformationen keinerlei Einfluss auf die aktuelle Transformation haben dürfen

8. Wiederholbarkeit: für X(e|w) = e|w’ und XX(e|w’’) = e|w’’’

für X(e|w’’) = e|w

==> w’= w’’’

Dann nämlich ist sichergestellt, dass auch der „Schatten“ der Transformationen auf den Werten nicht mehrdeutig wird, egal, wie oft und viele Varianten von Transformationsketten auch gebildet werden.

Wiederholbare Transformationen sind also „geschichtslos“, sie hängen nur von der Art der Transformation und ihrem Anfangszustand ab. Sie sind „deterministisch“ in dem Sinne, dass eine Anfangszuordnung mathematisch hinreichend für die Endzuordnung und diese notwendig für die Anfangszuordnung ist.“

Wiederholbarkeit ist demnach primär eine Eigenschaft von Transformationen und die sind nicht nur die mathematischen Strukturelemente der Mengenmathematik: Die Transformationen der Informationsmathematik sind die tatsächlichen, realen Veränderungen, die einen Zustand in den nächsten überführen.

Dass wir nur mit Zuständen arbeiten können, ja dass wir nur in Zuständen denken können, weil so unser Denken funktioniert, ändert nichts, aber auch gar nichts an der Tatsache, dass es die Transformationen sind, die diese Eigenschaft haben müssen.

Die Veränderung selbst muss wiederholbar sein.

Das freilich bringt mich fast jedes Mal wieder ins Straucheln.

Denn selbst wenn ich unzweifelhaft und unerschütterlich weiß, dass die Veränderung die Grundlage der Information ist, so sind meine Methoden des Verstehens doch immer noch die alten: über Abbildungen ein Modell erschaffen, das gegenüber den ständig neuen Situationen der Umwelt auf Tauglichkeit geprüft werden muss.

Mein Modell ist unglaublich tauglich – es funktioniert überall, wo ich es nachprüfen konnte.

Aus diesem Fehlen bisheriger Verifikation lässt sich freilich noch kein Widerspruch zu all den 879 weiteren Definitionen der Information herleiten, die ich gegenüber meiner 1001. Definition noch nicht in Augenschein nehmen konnte. Weil jedoch das Verständnis für Veränderung so fundamental ist für das Verständnis von Information, bezweifle ich auch, dass irgendein Experte aus einem anderen Lager sofort einen gültigen Beweis oder Widerspruch abliefern kann. Warum? Weil er mithilfe der Mengenmathematik argumentieren wird – muss er, ist sein zuverlässiges, hochtaugliches, vielseits erprobtes Werkzeug, also wird er es ohne nachzudenken auch für die Überprüfung der 1001. Definition verwenden.

Und sehr wahrscheinlich nicht daran denken, dass er an jede, wirklich jede seiner benutzten Formeln die Frage stellen muss: Giltst du auch für einfache Gruppen? Oder brauchst du nicht doch wenigstens einen Ring, einen Vektorraum, einen Hilbert-Raum?

Das wiederum heißt, dass er mit einer großen Wahrscheinlichkeit sogar auf Widersprüche stoßen wird – weil er nicht konsequent genug Mathematik treibt, denn das oberste Gebot der Mathematik ist nicht das Auswendiglernen hoch komplizierter Formeln und der Wettstreit darüber, wer am schnellsten ein Gedankenspiel lösen kann.

Das oberste Gebot der Mathematik ist zu wissen, nicht zu glauben und wissen kannst du nur, was du selbst nachgeprüft hast. Deshalb wird in der Mathematik alles, aber wirklich alles explizit dargelegt, was für eine Behauptung oder einen Satz verwendet wurde: „Weil das Ungenannte nicht nachprüfbar ist.“

Aber Selbstverständlichkeiten sitzen tiefer als rationales Denken, sie sind die (zumeist tauglichen) angelernten „Instinkte“, die uns rasch durch unbekannte Situationen manövrieren, ohne dass wir umständlich (und vor allem zeitaufwändig) darüber nachdenken müssen, weil sie uns „anscheinend bekannt“ sind. Wir müssen nur bestimmte Signalreize erkennen, die ein rudimentäres Muster zu bilden haben, damit das hinter diesem Muster kodierte Programm zur Lösungsfindung ablaufen kann. Das funktioniert, weil in einer Welt, die aus Information erbaut ist, Zyklen das ausschlaggebende gestaltende Element sind. Und weil Zustände nur Beiwerk sind, weisen sie deshalb immer Abhängigkeiten von ihren Zyklen auf. Solche Abhängigkeiten lassen sich oft durch einige „herausgehobene Eigenschaften“ beschreiben, deren Verhalten so dominant ist, dass sie als Stellvertreter für ihren gesamten Zustand dienen können.

Ob solche Eigenschaften nun „Charakteristik“ heißen, „Symbol“, „Stichwort“ oder „Signalreiz“, ist letztlich uninteressant. Interessant ist nur, dass sie eine Reduktion von Eigenschaftsvielfalt erlauben, die das gesamte Problem vereinfacht. Und einfachere Probleme erlauben zumeist schnellere Lösungen. Birgt natürlich die Gefahr, dass durch eine solche Abstraktion Fälle ähnlich erscheinen und somit gleich behandelt werden, die nicht „ähnlich genug“ sind.

Genau dieses Problem macht denn auch die Mathematik so wertvoll. Sie erlaubt durch Routine zwar auch solche „Selbstverständlichkeiten“, ihre Strenge lässt aber – zumindest auf Dauer – keine „Ritualisierung“ zu.

Und damit bin ich wieder an dem, was mich zum Stolpern bringt. Denn die Veränderung ist Basis meiner Mathematik.

Aber ich habe sie nie wirklich „beschrieben“ – ich formulierte nur ein Symbol, das als Stellvertreter für die Veränderung steht und formulierte, was die Veränderung tut, wie sie zu erkennen ist, was sie zu machen hat.

Nicht das, was sie in ihrem innersten Kern ist.

Das berührt nicht die Wahrheit meiner Formeln, so wenig wie meine Erweiterung der Mathematik die Wahrheit der anderen mathematischen Gebiete berührt, denn meine Formeln basieren auf Zuständen und Werten. Auf Mengenelementen und ihren Relationen. Sonst nichts. Und nur diese mir bekannte Eigenschaft der Veränderung, die sich knallhart bestimmen lässt, habe ich letztlich mit dem Symbol “X” charakterisiert.

Doch jedes Mal frage ich mich wieder:

Was ist denn X? Kann es verschiedene geben? Muss ich nicht doch unterscheiden? Kann ich einfach nur X(e|w) schreiben, wie ich es tue, oder muss ich nicht doch auch ein Y(e|w) berücksichtigen?

So habe ich in meinem ersten Buch noch vorsichtig formuliert:

Die Individualität liegt in den Daten, ISBN 3-935031-00-9,
Wiederholbarkeit oder Datenanonymität, S. 12

„Die Wiederholbarkeit von Transformationen, die zentraler Bestandteil der Information ist, bedeutet Situationsunabhängigkeit dieses speziellen Vorgangs, derselbe Anfangszustand erreicht denselben Endzustand unter der Einwirkung dieses Prozesses, unabhängig von vorangehenden Ereignissen oder von einer unüberschaubaren Menge von Situationselementen.“

Dann habe ich aber recht widersprüchlich – aus meiner Erfahrung mit Programmierung heraus gestützt, weniger aus einem echten Verständnis für Veränderung – weiter ausgeführt:

„Nur der anfängliche Zustand der Eigenschaft oder der Profilschablone selbst darf das Ergebnis wiederholbaren Verhaltens bestimmen, nicht das Verhalten selbst.“

Ich habe normalerweise kein gutes Gedächtnis, doch diese Stelle prägte sich mir ein – weil ich bis dato von der Übermacht der Zustände ausgegangen war und hier zum ersten Mal, beim klaren Ausformulieren der Worte, zu stolpern begann.

Und das tue ich seit damals jedes Mal wieder.

Denn die Veränderung ist das zentrale Element der Information, der Zustand ist nur Beiwerk – deshalb ist die Relation zwischen Anfang und Ende auch weitaus bedeutender als die einzelnen Zustände selbst.

Wie aber kann ich dann eine mathematisch exakte Formulierung ohne ein genaueres Eingehen auf die Veränderung durchführen? Muss das nicht scheitern? Muss ich nicht doch den Antrieb der Veränderung, den Grund für die vielen Wechsel, „den inneren Kern der Zeit“ kennen?

Nein, muss ich nicht.

Und kann ich auch nicht. Denn die Veränderung als solche ist nicht abbildbar und deshalb außerhalb unseres Verstehens.

Und was wir nicht verstehen, können wir nicht unterscheiden. Und was wir nicht unterscheiden können, ist gleich: Leibniz.

Und ja.

Für alle, die jetzt sich bestätigt fühlen mögen, dass Wissenschaft, Physik und der Verstand nicht alles beherrschen können…

es ist auch völlig und absolut außerhalb jeglichen Glaubens.

Denn auch der funktioniert nur als Informationsverarbeitung. Und auch der braucht Abbildung.

Die Natur der Veränderung liegt außerhalb unserer Geistesfähigkeit. Die Zeit, die Zerstörerin der Welt, die Mutter der Götter, die Vernichterin jeder Existenz, ist damit zwar sowohl allmächtig, ewig und überall als auch unvorhersehbar, aber durch nichts und niemand verständlich.

Von keinem Theologen oder Philosophen erklärbar – als Teil der Physik zwar Aufgabe der Physiker, leider trotzdem niemals „herleitbar“, weil Veränderung auch außerhalb des Bereichs jeglicher Wiederholbarkeit und damit jeglicher Formalisierbarkeit existiert.

Und damit auch außerhalb der Mathematik, die sonst unsere Krücke bis hinein in die schwarzen Löcher und die Wolken dunkler Materie ist.

Wir müssen uns damit abfinden. Es gibt etwas in diesem Universum, das vielleicht sogar den größten Teil davon ausmacht und das wir nicht mal ansatzweise verstehen können, von dem wir nur die Grenzen kennen können, sozusagen. Dort, wo dieses Universum des Wechsels gewissen Regeln unterliegt, können wir es auch erfassen. Freilich nur die Regeln, die Randbedingungen, niemals jedoch den „inneren Kern“. Aus Prinzip nicht. Kein Stück davon.

Nichts. Null. Nada.

Ist doch auch eine Form von Gewissheit.

16:02:17 Dixi: there is an end of the matter; everything that could be said has been said – for today

30.01.2005

Faust, Studierzimmer:
MEPHISTOPHELES: Ich bin der Geist, der stets verneint
denn alles, was entsteht,
Ist wert, daß es zugrunde geht

Information prägt Informationsverarbeitungen – und genau das sind wir, als Tiere, als Menschen, als kulturelle Wesen und genau deshalb führt dich das Grübeln über Information gelegentlich in die merkwürdigsten Richtungen.

Bin gerade wieder über eine Studie NET vs. J2EE gestolpert, die so augenscheinlich das eine über den grünen Klee gegenüber dem anderen lobt, dass du dich nicht des Verdachts der Käuflichkeit erwehren kannst. Und ja klar beschwerte sich jemand darüber mit ganz klarem Nachweis, dass die Studie zugunsten der mächtigsten Software-Firma der Welt schlicht log, sprich bekannt falsche Ergebnisse verwendete. Doch wie heißt es so schön von der Presse? Ihre Reue schreibt sie so klein, dass du sie nur mit der Lupe finden kannst.

Presse.

Ein Thema, das doch sehr verliert in der letzten Zeit. Was haben wir in Anbetung vor der „Macht des vierten Standes“ nach Amerika gesehen! Was haben wir bewundert, wie McCarthy und Nixon durch die mutigen Reporter gestürzt wurden!

Doch haben wir dabei nicht eine Kleinigkeit übersehen?

Auch für die Presse gilt:

Wes’ Brot ich ess', des Lied ich sing'

Und wenn deine Chefreporter nun mal finden, dass es ihren Gönnern nicht gefällt, was du da entdeckt hast, dann wird es nicht geschrieben.

Oder umgekehrt?

Fiel niemandem auf, wie Herr Kohl, der Überdrüberkanzler aller Deutschen, Gutfreund mit mächtigen Medienhäusern, von allen Störenfrieden befreit wurde, die seiner Machtposition zu nahe zu kommen drohten, weil jene plötzlich irgendwelche Skandälchen am Hals hatten? Banalitäten, die sicher schmutzig waren, die aber bei der ganzen „feinen Gesellschaft“ als völlig selbstverständlich gelten, wurden aus der Masse herausgepickt und urplötzlich als das „erkannt“, was es war: Schmarotzerei auf Staatskosten. Sich ungeniert zu bedienen ist freilich seit jeher das Privileg der Reichen und/oder Mächtigen und wer was wissen darf, ist letztlich auch ihre Entscheidung – Informationskontrolle ist das Rezept. (Daher auch das Lese- oder Schulverbot für bestimmte Personengruppen in vielen Kulturen.)

Hat jemand die Inaugurationsfeier Bushs gesehen? Ein Volk, das mit „trillions of debts“, Millionen von Millionen Dollar Staatsschulden kämpft, das sage und schreibe sein ganzes soziales Netz plündern wird – wie weiland der Überdrüberkanzler aller Deutschen im Namen der Wiedervereinigung – leistet sich trotzdem ein 40-Millionen-Dollar-Spektakel und schenkt seinem Herrscher ein 3-Millionen-Dollar-Auto: Repräsentationskosten für den mächtigsten Mann der Welt.

Und regt das jemanden auf?

„Einen kleinen Hitler“ nannte heute ein Bekannter von mir den amerikanischen Präsidenten, fast nebenbei, als wäre das nicht eine der größten Katastrophen, die der westlichen Welt passieren kann – dabei kannte er nur das, was die deutschen Medien ihm gnädig vor die Füße werfen. Denn über die Vorwürfe von massivem Wahlbetrug in Amerika (eklatante Abweichungen von Wahlbefragung und Wahlergebnis, was sogar in der Ukraine ausreichte, die Ergebnisse zu prüfen), über die völlige Niederlage der Grassroots und damit, sind wir doch ehrlich, der Demokratie als Ganzes, über die totale Knebelung der Presse und die Prostitution der Justiz hören wir hierzulande nichts und wenn, dann mit dem sanften Hinweis auf Verschwörungstheorien. Ob Neville Chamberlain wohl so argumentiert hat?

Da musst du selbst erst auf dem Internet herumsuchen und vorsichtig Streu von Weizen trennen, um überhaupt zu erfahren, was im Gange ist. Zum Ausgleich für die „Objektivität“ hören wir dann jedoch von allen Sendern die mehr oder minder deutliche Lobpreisung „freier Wahlen“ im Irak – Wahlen, bei denen aus Sicherheitsgründen der Wahlkampf so eingeschränkt wird, dass mancherorts die Listen der Kandidaten erst 5 Minuten vor 12 bekannt gegeben werden, bei denen die Wähler gezwungen werden müssen unter Androhung von Gewalt oder gar durch Entzug von sauberem Wasser oder den überlebensnotwendigen Essensrationen „ihr Recht in Anspruch zu nehmen“, Wahlen, bei denen die Kandidaten von einer fremden Macht sanktioniert werden müssen, die zuvor die Kinder der Wähler umgebracht hat im Namen ihrer Befreiung – solche Wahlen werden von deutschen Medien kritiklos „frei“ genannt.

IKI – Infinity kills information. Wir haben es tatsächlich geschafft, nicht wahr? Wir sind dort angelangt, wo unsere Informationsgesellschaft mehr Information vernichtet, als sie bewältigen kann, wohl nicht zuletzt deshalb, weil wir unseren Stolz nicht mehr auf unsere Menschlichkeit setzen, unser Streben nicht mehr nach Wissen und Weisheit ausrichten, sondern nur noch aufgrund von Macht und Gier funktionieren: die Bananenhaufen-Gesellschaft, der Rückfall in die Vorsprachenzeit der Primaten.

Vorsätzlich falsche oder offenkundig kritikwürdige Angaben zu deinen Gunsten zu machen, weil gerade mal viele Leute vor dir stehen, die es schlucken sollen und du ganz genau weißt, dass du vor viel weniger Leuten stehen wirst, wenn du deine Aussagen dann zurücknehmen musst – das ist die Bush-Strategie zur „Neugestaltung seiner Realität“. Und tatsächlich: Amerikas Elite glaubt nicht mehr an die Physik, sie glaubt wirklich und wahrhaftig, die Realität gestalten zu können, vergisst dabei aber, dass sie nur die menschliche Kultur gestalten kann. Sicher auch ein Teil der Realität, aber einer, der nicht wirklich ausreicht. Oder hast du vergessen, warum nach 200 Jahren Betens gegen die Pest die Renaissance auflebte, faith-based community of America?

Vorsätzlich falsche Angaben zu machen, ist Lügen und das ist keine Erfindung der Menschen, das können schon Schimpansen. Auch das Führerprinzip lässt sich bei ihnen prächtig bewundern. Wir sind also letztlich stolz darauf, ein System zu haben, das auf Affen-Regeln basiert? Denn sind wir ehrlich – unsere ganzen anderen „modernen“ Strategien lassen sich bis zu unseren behaarten Verwandten zurückverfolgen. Das, was uns tatsächlich von ihnen unterscheidet, die egalitären, neugierigen Kulturen der Vorzeit, die Schrift und Wissenschaft erfanden, haben wir doch schon längst „überwunden“.

Uns interessiert nicht mehr unsere Freiheit, solange wir angeben können vor unseren Nachbarn im großen, ölfressenden Schlitten, uns interessiert nicht mal mehr unser Überleben in einer industriegeschädigten Umwelt, solange wir im Augenblick noch zu essen und zu trinken haben. Und genau deshalb konnte der „vierte Stand“ entmachtet werden.

Wes’ Brot ich ess', des Lied ich sing'

Denn hätten wir uns für das Unbequeme interessiert, hätten die mutigen Reportagen sich auch rentiert, wären sie nicht zugunsten der Sex- and Crime-Banalitäten aus TV und Presse verschwunden.

Wir haben uns dafür interessiert? In den 60ern, bei der Entstehung der Grünen? Doch leider kam der Weltuntergang nicht rechtzeitig für unser Kurzzeitgedächtnis und wir haben es vergessen?

Die Zugewinnfunktion der Intelligenz (cost/gain function of intelligence) hat einen Scheitelpunkt für jedes informationsverarbeitende System, dort, wo mehr Intelligenz nur mehr Kosten bringt, jedoch ohne mehr Voraussicht. Entwickelt sich dieses System freilich weiter, kann es den Scheitelpunkt und seine Probleme verzögern.

So konnten die Neuronen die Grenzen der DNA überwinden, das Zwischenhirn, die Erfindung der programmierten Verhaltensmuster, erweiterte die Grenzen der Körperkontrolle „Kleinhirn“, so wie das Großhirn als die Kontrolle der programmierten Verhaltensweisen durch Einzelfall-Analyse und –Bewertung den Scheitelpunkt ein weiteres Mal verschob. Wie viel Zeit lag wohl zwischen diesen Entwicklungsstufen? Irgendein Evolutionsbiologe am Lesen, der mir sagen kann, wie diese Zeitabstände sich zueinander verhielten?

Der letzte Schritt war jedenfalls die Erfindung der Sprache: Auch sie glich die Grenzen der Intelligenz aus durch eine Steigerung der Kommunikationsfähigkeit mit der Besonderheit, dass es diesmal nicht im Organismus stattfand, sondern eine Ebene höher – zwischen den Organismen, wie seinerzeit beim Evolutionsschritt vom Einzeller zum Mehrzeller. Der nächste Schritt der Evolution wird also mit einer weiteren „Vergruppung“ der Menschen einhergehen müssen, wir werden kulturelle Organismen zu bilden haben, deren Zusammenhalt weitaus enger sein muss als das, was wir heute erleben. Natürlich nur, wenn wir überleben wollen.

Und dass ein paar Leute wie Herr Bush oder Herr Kohl sich aufschwingen können zu entscheiden, wem es gut gehen soll und wer zu leiden hat, dass ein „soziales Netz“, nichts anderes als die gemeinsame Rücklage ganzer Generationen, ruhig einmal für das verwendet werden kann, was einem einzelnen gerade so in den Kram passt – weil er in die Geschichte eingehen will als Einheitskanzler oder als Welteneroberer -, das muss dann schlicht abgeschafft werden.

Denn Entscheidungsstellen mit Machthabern zu verwechseln, kann sich kein Organismus leisten. Ja sicher wird das Gehirn bevorzugt behandelt, besonders geschützt, besonders genährt, doch ist es auch dasjenige, das niemals schläft, das immer am Arbeiten ist und sich überall auskennen muss – ganz im Gegensatz zu dem, was wir Machthaber nennen.

Wie zu unterscheiden?

Ganz einfach:

Das Gehirn bezahlt für seine Fehler selbst. Wenn es einen Teil seines Organismus opfern muss, dann erleidet es Schmerzen und langwierige Traumata, nicht wie unsere Manager und Politiker, die für ihre Fehlschläge ständig andere bezahlen lassen und sich für diese „Führungsstärke“ dann noch belohnt sehen wollen.

Nun also der Untergang Amerikas – die Chinesen wollen sie wohl nicht mehr finanzieren – mit Pauken und Trompeten, zuvor der dramatische Untergang Nazi-Deutschlands, praktisch das Synonym für „Führerprinzip“…

und trotzdem kein Zeichen am Horizont, dass es irgendwo einen Ort auf dieser Welt gibt, wo die Machthaber nicht genau nach demselben Schema vorgehen – „ich kassiere, du zahlst“…

das sieht doch sehr danach aus, als wären wir schon recht weit unten auf dem absteigenden Ast hinter dem Scheitelpunkt der Zugewinnfunktion. Überbevölkerung, Umweltverschmutzung, die globale Erwärmung, die möglicherweise gar nicht mehr einzudämmen ist („Global Warming Approaching Point of No Return, Warns Leading Climate Expert“, Quelle 29.01.2005)…

das könnte wirklich das Ende der Menschheit bedeuten und zwar sogar bereits in den nächsten Jahren, Kinder.

Das aber hieße, dass es gerade mal zwei oder drei Millionen Jahre seit Erfindung der Sprache gedauert hatte, bis der nächste Scheitelpunkt erreicht war.

Was nun, wenn…

wenn auch die Funktion der Scheitelpunkte einen Scheitelpunkt hätte?

Was das heißt?

Das heißt, dass SETI sofort aufhören könnte, denn dann gibt es eine absolute Obergrenze für die Intelligenz – und selbst wenn diese Obergrenze systemabhängig ist und selbst wenn unsere biologische Konstitution der alpha-gelenkten Primaten möglicherweise reichlich ungeeignet ist für Hochintelligenz und es andere Konstrukte gibt wie beispielsweise maschinelle Intelligenz, deren Grenzwerte weit über den unsrigen liegen, so dürfte es wohl kein endliches System geben, das sich über das Universum oder wenigstens weite Teile davon ausbreiten kann.

Denn das Weltall ist groß.

Richtig groß.

Mit richtig vielen und richtig weitläufigen Zuständen und Anordnungen von Zuständen.

12:43 Dixi: there is an end of the matter; everything that could be said has been said – for today

16.01.2005

Albert Einstein:
If you can't explain it simply, you don't understand it well enough.

Vielleicht sollte ich mein Projekt verlagern?

Ist schon ein wenig üppig, was ich mir da vornahm – Java mit all den mächtigen, aber auch umfangreichen Frameworks, ohne die du nicht wirklich programmieren kannst, Eclipse, das auch nicht gerade ein Winzlings-Tool ist und ArgoUML als Source und UML…

andererseits ist da SOA und die regelbasierte Programmierung, die ich nun überall in amerikanischen Texten finde: conceptual objects, Rule Engines oder auch nur die kleinen, aber feinen Tipps, wie du Regeln mit XML aus dem Programm heraushältst, um sie einfacher veränderbar zu machen…

das ist die aktive Informationsverarbeitung und bisher habe ich nur „intuitiv“ eine Vorstellung davon. Aber die Rules Engines zeigen wunderschön klar auf, dass auch hier exakte Richtlinien zu finden sein müssen…

die müsste man nur einmal deutlich formulieren…

wie ist das Huckepackverfahren zu strukturieren, wie werden die Ebenen separiert, wie die Typen- und Einzelfallzuordnung bestimmt, wo liegt die Grenzen der jeweiligen Differenzierungen? Hübsch einfach und klar, zählen, messen, wiegen, sodass es sogar Computer verstehen können…

ganz klare Vorschriften, geradezu primitive Checklisten, so wie bei der 1001. Definition der Information

dann hätten die kleinen Werkstätten endlich etwas, was sie auch auf ihre Software anwenden könnten – weil es nicht an irgendeine moderne Programmierumgebung oder ein komplexes Framework gebunden ist, das sie erst aufwändig erlernen müssen – und was ihnen helfen würde, sich auf die neue Zeit umzustellen, die soviel schneller kommt, als sie es überhaupt merken…

09:49 Dixi: there is an end of the matter; everything that could be said has been said – for today

09.01.2005

Albert Einstein:
If 'A' equals success, then the formula is 'A = X + Y + Z'. 'X' is work. 'Y' is play. 'Z' is keep your mouth shut.

Wie das alte Jahr aufhörte, so fängt das neue Jahr an.

Mit Einstein.

Weil das Jahr 2005 das „Einstein-Jahr“ wird: 100 Jahre Relativitätstheorie.

„1905 - ein kleiner Angestellter brütet in seiner Freizeit über Problemen, die die größten Wissenschaftler seiner Zeit beschäftigen und für die er weder zuständig noch professionell genug war. Seine Familie und Freunde schütteln nur still den Kopf über die verrückten Ideen.

Trotzdem veröffentlichen die hoch angesehenen „Annalen der Physik“ in Band 17 drei seiner Abhandlungen, darunter die Relativitätstheorie, die wirklich nicht viel mit den aktuellen wissenschaftlichen Erkenntnissen zu tun hat, und ermöglichten damit die möglicherweise steilste Physikerkarriere der Welt.“

Ja.

So habe ich mir das vorgestellt.

Und bewies wieder einmal, wie sehr doch der Wunsch Vater des Gedankens sein kann. Denn meine bewunderten Außenseiter waren niemals wirklich Underdogs. Da Vinci und Newton hatten einflussreiche Onkel und Emmy Noether und Einstein stammten aus wohlhabenden jüdischen Kreisen, wobei Emmy Noether zwar durch ihr Geschlecht behindert wurde, der Beruf ihres Vaters als Mathematikprofessor jedoch augenscheinlich als Gegenkraft wirksam genug war.

Und Einstein?

Tja, da stolperte ich über falsche Informationen im Internet und bewies wieder einmal, dass „Papier geduldig“ ist, vor allem im HTML-Format.

Es war eine kleine Site, die mit viel Respekt vor Einstein wohl von einer Schule stammte und somit wirklich vertrauenswürdig aussah, zumal die Daten stimmig schienen. Doch Daten machen nun einmal keine Information und die vielen Umzüge, die Einstein in seiner Jugend erlebten, wiesen eben nicht darauf hin, dass der Vater aus der Elektronikbranche ein „Elektriker war, der seine Familie kaum ernähren konnte“ und der durch ständige „Fehlschläge“ zu den Umzügen gezwungen war.

Das hatte mir aber prächtig in den Kram gepasst. Denn das ist meine Geschichte.

Vater Alkoholiker, Mutter Flüchtling, die mehr schlecht als recht den kleinen Landwirtschaftsbetrieb fortführte, den ihr Vater nach dem Krieg aufgebaut hatte, und die währenddessen von einer guten Ausbildung träumte, was sie als Frau im ländlichen Deutschland freilich niemals erhoffen durfte: Sie hatte ihren Vater zu bedienen, ihm den Haushalt zu führen. Doch sie machte als eine der ersten Teilnehmer des damaligen Telekolleg ihren ersehnten Schulabschluss, völlig ohne jede Aussicht indessen, ihn jemals nutzen zu können, und sparte sich dabei noch jeden Pfennig vom Munde ab, um ihren Kindern ein Studium zu ermöglichen. Denn das war für sie immer glasklar gewesen, dass ihre Kinder studieren mussten. „Nur das, was du im Kopf hast, gehört dir wirklich“, sagte sie immer, denn alles andere, das schöne Gut, die Pferde, die Äcker, das wohl umsorgte Leben einer wohlhabenden Familie, hatte sie bei der Flucht aufgeben müssen.

Solch ein tief sitzender Glaube an die Bildung scheint sich einem Kind unauslöschlich einzupflanzen, denn ich vermute, dass genau hier mein unbändiger Trieb nach Wissen herstammt. Und die Zeit meiner Jugend schien auch auf unbremsbaren Fortschritt hinzudeuten, nach den Kriegswirren und dem Wirtschaftswunder.

Und ich schien es ja auch zu schaffen – aus dem heraus, was in meiner Jugend noch „asoziale Familie“ genannt wurde, eroberte ich mir mithilfe der Unterstützung meiner unermüdlichen Mutter zwei Diplome und gönnte mir mit dem letzteren, dem Studium der Physik, sogar einen Traum, der nicht gerade „praktisch“ und „vernünftig“ anmutete. Der Sprung in die Computerbranche schien dies freilich zu widerlegen. Es schien, als würde alles prächtig laufen.

Doch dieser stete Trieb nach Wissen zerstörte die schönen Aussichten.

Anstatt mich auf meine Karriere zu stürzen, stürzte ich mich auf den Erwerb von Fachkompetenz und verlor damit wichtige Zeit zur Netzwerkbildung. Das war mir seinerzeit natürlich nicht bewusst, seinerzeit glaubte ich noch, dass allein höheres Wissen der Motor für die Industrie ist.

Aber nicht nur die amerikanische Geschichte der Profitverherrlichung, die in jüngster Zeit ihr wahres Gesicht zeigt, öffnete mir die Augen. Die einfache Tatsache, dass meine ständig wachsende Perfektion in der Arbeit überhaupt keinen Erfolg zeigte, weil ich dumm genug war, an das Leistungsprinzip zu glauben, begann mich in meiner Überzeugung zu beirren, dass der Bessere gewinnt.

Und nun bin ich zynisch genug zu sagen, dass der Bessere nie gewinnt, höchstens der bessere Verkäufer. Was ist denn die IT-Krise anderes als die Einsicht des Marktes nach Jahrzehnten vollmundiger Prophezeiungen, dass aus all den goldenen Versprechungen noch nie etwas wurde? Dass die tatsächliche, stete und sogar massive Verbesserung trotzdem nichts, aber auch gar nichts war im Vergleich zu dem elektronischen Paradies, das verheißen wurde?

Dabei sind die Fortschritte wirklich nicht zu verachten. Wenn ich mir die Schrifterkennung heute ansehe oder die Textinterpretation, dann kann ich nur sagen: „Alle Achtung“. Oder die Gehirnscanner! Ich machte früher Witze darüber, dass zum Verständnis von Kunden ein Gerät zum Scannen ihrer Köpfe nötig sei, und nun sind die ersten richtig guten Schritte wirklich bereits gemacht.

Bei all diesen erstaunlichen Fortschritten sind jedoch die Theoretiker der Information kaum einen Schritt weiter gekommen als Shannon (1949) und Wiener (1948) – bis heute diskutieren die Experten um die wahre Natur der Information und streiten sich gelegentlich sogar recht heißblütig darüber. (Quelle 09.01.2005)

60 Jahre und kein bisschen weiser.

In Worten: sechzig. Seit so langer Zeit finden die Wissenschaftskreise und die bestbezahlten Profis der Computerfirmen die Grundlage dessen nicht, was sie da treiben. Auf die Idee, dass sie auf der falschen Fährte sind, scheint dabei keiner zu kommen, denn alle ihre Versuche, die Definition der Information zu erstellen, wurden von der nächsten Definition der Information wieder auf ihre eigene Disziplin zurechtgestutzt, weil sie andernorts nicht passte, und das alte Spiel ging weiter. Eine für alle schafften sie nicht mit ihren Denkstrukturen.

Das, so hatte ich mir so um die Zeit der Sonnenfinsternis gedacht, muss sich doch als Hinweis verwenden lassen, um zu erkennen, was Information ist. Und ich suchte dort, wo niemand sonst suchte, in den Grundlagen der Mathematik und stellte eine Definition der Information auf, die stimmig war und die plötzlich das gesamte Universum in einem anderen, verständlicheren Licht erstrahlen ließ.

Oh ja, ich war echt begeistert von mir und verkündete es jedem, der es hören wollte oder auch nicht, was ich gefunden hatte. Ich wagte seinerzeit sogar, Gerd Binnig, den Nobelpreisträger in Physik, anzuschreiben – und er ließ mir sogar antworten! Doch ich vermasselte es durch falsche Wortwahl und verstand es auch später nicht, irgendjemand zu überzeugen. Das freilich habe ich schon am 28.04. und am 23.11. beklagt, obwohl ich den „Wert“ von Selbstmitleid eigentlich kennen sollte: Ich hatte mir früher schon einiges damit verdorben, ständige Rückschläge sind jedoch ein Problem, mit dem sich nicht gar so einfach fertig werden lässt.

Informatiker lachten mich sogar aus, weil die „Definition der Information“ doch längst von Shannon erstellt sei, der freilich niemals behauptet hatte, Information zu erklären. Er sprach immer nur vom „Gehalt“ an Information, den seine Formel einkreiste. Dieses Auslachen öffnete mir dann aber die Augen, dass tatsächlich bereits viele Definitionen auf dem Markt waren und das meine nur die 1001. Definition der Information war. Nur eine von vielen, so wie ich eine anonyme Witzfigur von vielen war, die sich aufspielen wollten.

Irgendwann fiel mir dann wohl auf, dass ich nicht wirklich Erfolg hatte und das all meinen schönen Einsichten wirklich niemanden interessierten. So begann ich, die Erfolgsgeschichten von „Erfindern“ zu untersuchen. Dabei stellte ich fest, dass selten ein Erfinder alleine Erfolg hatte, es war zumeist jemand dabei, der die Idee auch erfolgreich vermarkten konnte.

Damit konnte ich nicht aufwarten, also begann ich, mein Augenmerk auf Wissenschaftler zu richten, doch auch hier schien immer ein Gönner vorhanden gewesen zu sein.

Bis ich über Albert Einstein stolperte, besser gesagt, diese kleine Website, die es heute nicht mehr gibt. Es hat wohl jemand bemerkt, dass sie nicht so ganz der Wahrheit entsprach.

Aber damals begann ich, mich mit Einstein zu vergleichen.

Oh nein, dass mein IQ nicht an den seinen heranreicht, ist keine Frage, auch sein Mut, sein Rebellentum auszuleben, übersteigt bei weitem den meinen. Als Alkoholikerkind fehlt unsereins wohl das „Urvertrauen“.

Aber seine Underdog-Herkunft, seine Erkenntnis, gewonnen in der Freizeit neben der täglichen Arbeit, die sogar gegen die damaligen wissenschaftlichen Überzeugungen lief, das passte schon schön. Und ich begann mich zu fragen, wie er es denn geschafft haben könnte.

Das weiß ich nun. Papas Liebe, Geldbeutel und Freunde erlaubten ihm einen ständigen Kontakt zu Wissenschaftskreisen, sodass seine „nebenberufliche Arbeit“ im erforderlichen wissenschaftlichen Sprachgebrauch verfasst werden konnte und genügend Leute existierten, um sie sogar als Dissertation anzuerkennen. Und damit war der Schritt zu den „Annalen der Physik“ eben keinesfalls mehr so unendlich weit, wie ich es mir vorgestellt hatte.

Mein Schritt zum „Spektrum der Wissenschaft“ ist dagegen unmöglich, denn ein solch hoch angesehenes Wissenschaftsmagazin veröffentlicht nicht jeden Text eines jeden Spinners, sondern nur solche, die durch ein Gremium von Experten sanktioniert wurden – wie es sicher einer Dissertation möglich sein könnte.

Eine Dissertation ist aber für mich undenkbar – nicht nach 15 Jahren Berufstätigkeit fernab jeglicher wissenschaftlichen Terminologie und Methodik, und vor allem: ohne Beziehungen. Außerdem veröffentlichte ich meine Erkenntnisse schon, also sind sie weder patentierbar noch dissertationsfähig.

Ich habe wohl alles vermasselt, was sich vermasseln lässt in der „Vermarktung“ meiner Idee – und Einstein schien mir zu beweisen, dass es meine Schuld, mein eigenes Versagen war. Denn er hatte es aus den Kreisen geschafft, aus denen auch ich stamme.

Und ich schätze, deshalb fühle ich mich jetzt richtig erleichtert. Nachdem ich meine wissenschaftlichen Underdogs genauer unter die Lupe nahm und nun feststellte, dass sie höchstens Außenseiter waren, nie jedoch „Underdogs“, ist mir klar geworden, dass keiner „aus meinen Kreisen“ stammt. Keiner stammt von fast „ganz da unten“.

Es gibt keine echte Erfolgsstory vom Tellerwäscher zum angesehenen Wissenschaftler oder Erfinder.

So etwas kommt nicht vor. Und es kam auch niemals vor. War alles nur ein Irrtum.

Was aber garantiert kein Irrtum war: Ohne die Erfahrung aus der Praxis, die Einstein im Patentamt von Bern gewann und die ihm Zugang zu einer Vielfalt gewährte, wie sie kein Elfenbeinturm bieten kann, hätte er genauso wenig auf Ideen „gegen den Strom“ kommen können wie seine Kollegen, auch wenn die vielleicht nicht ganz seinen IQ von 180 hatten.

16:39 Dixi: there is an end of the matter; everything that could be said has been said – for today


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